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Wenn Vorlesungsunterlagen oder Artikel aus wissenschaftlicher Fachpresse aus dem heimischen Drucker tuckern und frisch gedruckt am Schreibtisch landen, wenn eine Lehrveranstaltung aus dem trauten Heim via Bildschirm mitverfolgt werden kann, dann ist das Zeitalter der "Virtuellen Universität" (VU) angebrochen. Diese gibt es seit zwei Jahren an der Wirtschaftsuniversität (WU) in Wien (http://vu.wu-wien.ac.at). Täglich mehr als 2.000 Zugriffe verzeichnet die VU, von den mehr als 20.000 Studierenden an der WU ist das also jeder Zehnte. Österreichweit steckt die virtuelle Uni aber noch in den Kinderschuhen. Peter Rastl vom EDV-Zentrum der Universität in Wien, die Österreichs größten Provider und vor zehn Jahren den ersten Internet-Anschluss lieferte, sieht hier zwar großes Entwicklungspotential. Jedoch seien größere Unis (die Alte Uni Wien ist mit fast 75.000 Studierenden die größte Uni Österreichs) mit der Infrastruktur einfach überfordert. Die hundertjährige WU Wien (die in den 80er Jahren in das moderne Glasgebäude in der Althanstraße in Wien 9 übersiedelte) habe frühzeitig entsprechende Möglichkeiten geschaffen. Außerdem ist die WU inhaltlich zentral ausgerichtet, womit sich weniger Optionen bei den Anmeldungen ergeben, und das Curriculum sieht im ersten Studienabschnitt eine obligatorische EDV-Einführung vor.
Auch an den kleineren Universitäten beschränken sich im Moment die EDV-Serviceleistungen auf Verwaltungsdienste. Etwa an der Uni Klagenfurt (rund 5.500 Studierende) ist das Lehrveranstaltungsverzeichnis online abrufbar (http://www.uni-klu.ac.at). Die Montanuniversität in Leoben (mehr als 2.000 Studierende) bietet online u.a. eine Jobbörse sowie diverse Dienstleistungen wie eine "Mitfahrbörse" an; via Internet kann auch das "Ansuchen um Zulassung zum Studium" (Inskription) gestellt werden (http://www.unileoben.ac.at). Die Universität für Bodenkultur (mehr als 6.000 Inskribierte) ist hier schon etwas weiter: Studierende können sich via Web auch zu Prüfungen anmelden (http://www.boku.ac.at).
Beim Angebot der Verwaltungsdienste über das Netz will die "Alma Mater" demnächst mitziehen. Für eine Chipkarte, mit der die Studierenden anstelle des papierenen Studentenausweises ausgestattet werden sollen, gibt es bereits einen Planungsauftrag. Mit der Einführung der Chipkarte rechnet EDV-Leiter Rastl in den kommenden fünf Jahren. Bereits im Wintersemester 2000/2001 soll an der WU Wien der Studentenausweis durch eine Chipkarte ersetzt werden. Das neue Verwaltungssystem "WU-IS2000/2gether" macht es möglich. Die Chancen, dass Schlange stehen wie beim jährlichen Ansturm zu den Inskriptionsschaltern ein Ende hat, stehen gut.
Lehrveranstaltungen via elektronisches Netz mitzuverfolgen sind eine fortgeschrittenere Ebene. Dazu müsste die Technik des Lehrens geändert und erst einmal gelehrt werden, wie die "Neuen Medien" eingesetzt werden", so der Informatiker Rastl. Denn das Problem sei nicht die technische Umsetzung, sondern die unterschiedliche didaktische Aufbereitung der Inhalte. Im Moment seien die Unis jedenfalls mit dem Übergang zum Unversitätsorganisationsgesetz (UOG) ´93 beschäftigt und hätten "andere Sorgen" als die virtuelle Uni.
Fernstudium
Eine Studienform, in der man sich in erster Linie multimedial bildet, ist in Österreich bereits seit einigen Jahren etabliert: das Fernstudium.
Als in den 70er Jahren die "Öffnung der Universitäten" einsetzte, sollte Teil dieser Entwicklung die Möglichkeit zu einem Fernstudium sein. Denn das Bild von den traditionellen "Vollzeitstudierenden", die sich ausschließlich ihrem Studium widmen und ansonsten keinerlei Verpflichtungen wie Beruf, Familie oder Kind wahrnehmen, hat sich gewandelt. Das (nicht nur in bildungspolitischen Fragen) Vorbildland Deutschland bietet Fernstudien seit 25 Jahren an der FernUniversität in Hagen (Nordrhein-Westfalen) an. In Irland, Großbritannien, Frankreich oder Spanien gibt es eigene "Offene Universitäten" oder Fakultäten für "distance learning".
In Österreich ist das Fernstudium dem UOG ´93 zu danken. Die Fortschritte in der Telekommunikation taten das Übrige. Kein dubioses "Briefkastenstudium", sondern das moderne Fernstudium ist als Multimediastudium angelegt. Voraussetzung dafür sind Telefon, TV-Gerät und ein Internetanschluss. Den ersten Schritt in diese Richtung hat in Österreich die Universität Linz getan. Als Pilotprojekt wurde mit der Hagener FernUni ein Kooperationsvertrag abgeschlossen. Mittlerweile gibt es in Österreich vier Fernstudienzentren: Neben Linz sind das Bregenz, Steyr und Wien. Denn ganz so anonym ist auch ein virtuelles Studium nicht: Die Studienzentren rücken den persönlichen Kontakt in den Vordergrund und ergänzen das Studium durch Beratung, Betreuung, Bibliothek, PC-Nutzung, Zugang zum Internet etc. Hier finden auch die Prüfungen und die zweiwöchige Einführung in das Fernstudium statt. Die Anwesenheitspflicht beschränkt sich auf wenige Lehrveranstaltungen. Studiengebühren gibt es keine, die Kosten für das Fernstudienmaterial betragen maximal 3.500 Schilling pro Semester.
Zu den Vollstudienangeboten der FernUniversität Hagen zählen Wirtschaftswissenschaften, Erziehungs-, Sozial- und Geisteswissenschaften, Mathematik, Informatik und Elektrotechnik, wobei die geisteswissenschaftlichen Fächer die beliebtesten sind. Großen Zulauf hatte das Jus-Studium, das die Uni Linz im Fernstudienzentrum Bregenz anbietet: Für 30 Studienplätze gab es mehr als 200 Bewerber.
Knapp 3.000 haben bisher ein Fernstudium inskribiert. Geht es nach dem Leiter des Fernstudienzentrums in Österreich, Franz Palank, sollen in ferner Zukunft die Hälfte der Studierenden an einer Fernuni inskribieren.
Informationen über die Fernstudienmöglichkeiten in Österreich gibt es bei den Studienzentren unter Tel. 0732/24 68-95 49 Dw. (Linz), 055 74/461 20 oder 461 21 (Bregenz), 01/404 74-140 oder -150 Dw. (Wien), 065 82/749 16 (Saalfelden), 072 52/88 46 50 (Steyr).