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Von 9-Euro-Tickets, Tankrabatten und Lebensmittelschecks

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Hohe Spritpreise tun weh, vor allem, wenn man auf das Auto angewiesen ist. Umso erfreulicher ist ein Sonderrabatt vom Staat.
© stock.adobe.com / m.mphoto

Europaweit lassen die Regierenden ihre Bürger in Zeiten hoher Inflation nicht im Stich.


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Es ist noch gar nicht so lange her, da fanden sich Meldungen zur Entwicklung der Verbraucherpreise eher bei den Randnotizen als auf den Titelseiten der Presse. So verzeichnete Österreich in den vergangenen 20 Jahren im wesentlichen Inflationsraten in einer Bandbreite von 0,5 und 3,3 Prozent. Ende des Vorjahres begann sich aber bereits ein deutlicher Preisanstieg abzuzeichnen, der im gesamten Euroraum bis jetzt anhält.

Laut Eurostat-Schnellschätzung (siehe Grafik) betrug die Juli-Inflation in der Eurozone 8,9 Prozent und war damit um weitere 0,3 Prozentpunkte höher als im Juni mit 8,6 Prozent. Die Teuerung wird auch noch länger hoch bleiben, darüber sind sich Ökonomen einig. Für die Haushaltsbudgets ist das schlecht, denn die Einkommen halten mit dieser Entwicklung nicht Schritt. Während gut situierte Haushalte höhere Energierechnungen und den teureren Einkauf im Supermarkt noch verkraften, können einkommensschwache Bevölkerungsgruppen die zusätzlichen Kosten kaum mehr stemmen.

Doch Vater Staat lässt seine Bürgerinnen und Bürger in Zeiten hoher Inflation nicht im Stich. Die Regierungen in den EU-Ländern haben eine Reihe an Entlastungsmaßnahmen gesetzt, um den Anstieg der Energiepreise abzufedern und die Kaufkraft zu stärken. Jedes Land kocht dabei sein eigenes Süppchen.

Billig mit Bus und Bahn durch Deutschland fahren

Am meisten Geld nimmt nach Berechnungen des Brüsseler Thinktanks Bruegel Deutschland mit 60,2 Milliarden Euro - das sind 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - in die Hand. Zu einem Riesen-Erfolg entwickelte sich das 9-Euro-Monatsticket, das etwa 40 Millionen Mal verkauft wurde. Bis Ende August ermöglicht die Aktion stark verbilligtes Bus- und Bahnfahren im deutschen Nah- und Regionalverkehr. Über einen Nachfolger für das Ticket wird schon heftig diskutiert. Deutschlands Finanzminister Christian Lindner hat einer Verlängerung aber immer wieder eine Absage erteilt.

Per 1. Juni trat in Deutschland ein Tankrabatt in Form einer auf drei Monate befristeten Senkung der Energiesteuer auf Diesel und Benzin in Kraft. Beide Maßnahmen haben die Inflation zum zweiten Mal in Folge leicht gedämpft. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag die Teuerungsrate im Juli bei 7,5 Prozent, nach 7,6 Prozent im Juni und 7,9 Prozent im Mai.

30 Cent Ersparnis pro Liter Benzin in Italien

Italiens Anti-Teuerungsmaßnahmen haben laut Bruegel ein Volumen von 49,5 Milliarden Euro (2,8 Prozent des BIP). Unter anderem wurde zuletzt die Senkung der Benzinsteuer, die am 21. August auslaufen sollte, bis 20. September verlängert. Autofahrer ersparen sich so an der Tankstelle 30 Cent pro Liter Benzin und Diesel. Strom- und Gasrechnungen können in längeren Raten bezahlt werden. Im Gegenzug werden hohe Zusatzgewinne, die die Energieunternehmen wegen der hohen Preise erzielen, extra besteuert.

Auch andere Länder finden eine Übergewinnsteuer längst überfällig. "Diese Regierung wird nicht zulassen, dass manche Unternehmen die Krise zur Bereicherung nutzen", sagt etwa Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez. Mit den Einnahmen aus der Steuer sollen unter anderem auch kostenlose Monatsabos für den Nahverkehr finanziert werden.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung gehört auch Österreich zu den Ländern, die besonders viel für Anti-Teuerungsmaßnahmen ausgeben. Die Staatshilfen zur Abfederung der hohen Energiekosten machen in Summe 9,1 Milliarden Euro (2,3 Prozent des BIP) aus, rechnet Breugel vor.

Sonder-Familienbeihilfe, erhöhter Familienbonus, erhöhter Kindermehrbetrag, Schulstartgeld: Besonders Familien werden entlastet. Zudem gibt es im Herbst einen Klima- und Anti-Teuerungsbonus. Energieintensive Unternehmen erhalten Direktzuschüsse. Unterdessen arbeitet die Regierung am Modell einer Strompreisbremse. Ein bestimmtes Kontingent Strom soll für jeden Haushalt zu einem - verhältnismäßig niedrigen - Preis zur Verfügung gestellt werden, für den Verbrauch darüber müsste der Marktpreis bezahlt werden.

Strom- und Gaspreisdeckel in Frankreich

Auch Frankreich nimmt die Inflationssorgen seiner Bevölkerung ernst. Kaufkraft heißt auf Französisch "pouvoir d’achat". Ein gleichnamiges Gesetz wurde im Juli verabschiedet. Unter anderem sollen acht Millionen Haushalte mit geringem Einkommen im September einen Nahrungsmittelscheck erhalten, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten abzufedern.

Bereits seit Herbst 2021 sind die Strom- und Gaspreise in Frankreich staatlich gedeckelt. Die regulierten Gastarife für Haushalte wurden auf dem Stand von Oktober 2021 eingefroren. Zunächst sollte die Maßnahme im Juli 2022 auslaufen, dann verlängerte die Regierung sie bis Jahresende. In Spanien und Portugal ist der Gaspreis für die Stromerzeugung seit Mitte Juni für ein Jahr gedeckelt.

Obergrenze für Miet- und Heizkosten in Tschechien

Die tschechische Regierung hat unterdessen staatliche Hilfen angekündigt, damit die Ausgaben der Bürger für ihre Wohnungen inklusive Strom, Wasser und Heizung nicht 30 Prozent ihrer Einkommen überschreiten. Die Kosten für Energie zählen mit zu den Haupttreibern der Inflation, die in Tschechien im Jahresvergleich im Juli auf 17,5 Prozent angestiegen ist.