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Von Alberich bis Muschebu

Von Werner Grotte

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Zwischen nervigen Doku-Soaps und peinlichen Superstar-Wahlen erscheint in schöner Regelmäßigkeit die Rettung namens "Tatort": Das sind (meist) solide, spannende und flotte Krimis, gespickt mit Wortwitz, guten Schauspielern und ungewohnt gut aufbereiteter Sozialkritik.


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Kaum eine andere Krimi-Serie befasst sich ernsthaft mit Drogensucht, Jugendarbeitslosigkeit, Menschenhandel oder Umweltverbrechen. Doch was einen selbst bei der x-ten Wiederholung wirklich zum Einschalten bewegt, sind die Typen. Denn die Co-Produktion aus ORF und deutschen Sendern bringt aus fast jeder deutschsprachigen Gegend landestypische Ermittler-Spezies, die nicht selten Kottan-Niveau erreichen.

Musterbeispiel ist etwa die skurrile Truppe aus Münster rund um den wamperten Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und den versnobten Gerichtsmediziner K. F. Börne (Jan J. Liefers). Rundherum tummeln sich in genussvoll zelebrierter politischer Unkorrektheit Börnes zwergenhafte Assistentin "Alberich", Thiels bekifft taxifahrender Alt-Hippie-Vater und die kettenrauchende Staatsanwältin mit der Bassstimme. Regelmäßig veranstalten WDR oder BR auch Ausflüge in die TV-Vergangenheit, wenn etwa Legenden wie Helmut Fischer oder Gustl Bayrhammer Spitzbuben jagen. Oder wenn Manfred Krug und Charles Brauer zeigen, was sie musikalisch drauf haben ("Muschebu"). Und wenn sich der junge Götz George alias Schimanski durch die Fälle säuft und prügelt, raucht sogar noch der Ruhrpott. Einziges Manko: Der Nachwuchs erreicht dieses Format bei weitem nicht, selbst wenn man - wie bei Kommissar Cenk Batu - versucht, die Zeichen der neuen Zeit einzubauen. Nur Muskeln und böser Blick sind halt zu wenig.