Biofortification wartet seit Jahren auf die Umsetzung. | Staatliche Hilfe geht weiter oft in die falsche Richtung. | Private Stiftungen und Organisationen als Krisenlöser. | Wien. Zum Beispiel in Luxor, Ägypten: Hier bilden sich vor einer Bäckerei jeden Morgen noch längere Menschenschlangen als überall dort, wo es Brot gibt. Denn obwohl die Fladen weniger kosten als üblich, verfügen sie über einen Mehrwert: Ihr Teig wurde mit Eisen und Folsäure angereichert, zwei der existenziellen Inhaltsstoffe der Ernährung neben Provitamin A, Zink, Jod und Proteinen. Dies ist nur eines der Projekte von GAIN (The Global Alliance for Improved Nutrition). | Analyse: Stanniol wird die armen Negerkinder nicht retten
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Im Jahr 2002 von der Bill & Melinda Gates Foundation ins Leben gerufen und seither mit namhaften Summen unterstützt, hat GAIN in 25 Ländern der Dritten Welt geschätzten 200 Millionen Menschen das Leben gerettet. Die Stiftung stützt ihre Projekte auf die Erhebungen der UN-General Assembly Special Session on Children hinsichtlich Ernährungssituationen, Gesundheitsstatus und den aus Mangelernährung resultierenden Erkrankungen wie etwa "Geburtsfehlern" (Spina bifida), Blindheit, Anämien, physische und psychische Retardierung.
Jedes Jahr sterben weltweit zwischen dreieinhalb und fünf Millionen Kinder an Mangelernährung. Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) verweisen darüber hinaus auf die Schwächung des Immunsystems und das erhöhte Risiko, durch Mangelernährung an Lungenentzündung, Durchfallerkrankungen, Malaria, Masern oder Aids zu sterben.
Unsinnige Ausgaben
Für die Organisation einmal mehr Anlass, auf die mangelnde finanzielle Unterstützung reicher Länder hinzuweisen. Demnach steuern die OECD-Länder mit 350 Millionen US-Dollar jährlich lediglich drei Prozent der benötigten 12,5 Milliarden US-Dollar bei, wobei deren Hilfe immer noch oft in die falsche Richtung geht: Die US-Regierung, so MSF, "verschifft beispielsweise Nahrungsmittel nach Übersee und gibt dafür insgesamt 600 Millionen Dollar mehr aus, als die Waren auf dem lokalen Markt kosten würden".
"Auf dem Welternährungsgipfel muss endlich beschlossen werden, die Anstrengungen zur Bekämpfung von Mangelernährung massiv zu verbessern und auszuweiten und die lokale Nahrungsmittelproduktion anzukurbeln. Alles andere wäre ein riesiger Fehler", sagt Stéphane Doyon, Ernährungsexperte von MSF und Koautor des soeben zum Gipfel vorgelegten Berichtes. Ärzte ohne Grenzen hat alleine in den vergangenen zwei Jahren mehr als 300.000 mangelernährte Kinder in 22 Ländern behandelt.
In die selbe Kerbe schlagen Wissenschafter wie Ingo Potrykus, dessen vor zehn Jahren entwickelter "Golden Rice" auf jenen Märkten, die ihn am dringendsten benötigen, immer noch nicht zu haben ist. Auch er hatte diese Entwicklung - genetisch modifizierter Reis, der als einziger Betakarotin und damit ausreichend Provitamin A enthält, um Kinder vor der Erblindung zu schützen (allein auf den Philippinen und in Malaysia sind es jährlich 500.000) - als humanitäres Projekt angelegt.
Doch auch der emeritierte ETH-Zürich-Professor für Pflanzenwissenschaften musste, wie vor ihm schon Norman Borlaug (Pflanzenbiologe, Friedensnobelpreisträger und Züchter der ersten Weizenhochleistungssorten), erkennen: "Staatliche Einrichtungen haben sich als inkompetent und unwillig erwiesen, wenn es darum geht, wissenschaftlichen Errungenschaften zu ihrer praktischen Anwendung zu verhelfen."
Hürden für Forscher
Eine der Hauptursachen dafür war und ist die massive Ablehnung der grünen Gentechnik durch Umweltschutzorganisationen, die vor allem in einzelnen Ländern Afrikas und Asiens einen lange unterschätzten Einfluss auf die Regierungen ausüben. Fazit: Pflanzenbiologen haben es überall schwer, mit ihren Forschungen Hunger und Mangel zu bekämpfen.