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"Von Büchern und Blumen war nie die Rede"

Von Clemens Neuhold

Politik
Im Namen der Rose: Schnittblumen und Bücher bald teurer?
© fotolia/Anna-Mari West

ÖGB erteilt Mehrwertsteuer-Plänen von Finanzminister Schelling eine Absage.


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Wien. Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat am Donnerstag klargestellt, dass er eine allgemeine Erhöhung der Mehrwertsteuer ablehnt und sich nur im Agrarbereich eine Erhöhung des reduzierten Steuersatzes vorstellen kann. Im Vordergrund stehe weiter eine Entlastung der Arbeitnehmer, die sie sich nicht selbst finanzieren müssen, betonte ÖGB-Präsident Erich Foglar in einer Aussendung.

In der Expertengruppe zur Steuerreform sei diskutiert worden, einige Ausnahmen vom Normsteuersatz, der bei 20 Prozent liegt, zu streichen. Diese Ausnahmen betreffen beispielsweise den Ab-Hof-Verkauf von Wein (derzeit 12 Prozent), Holz und Saatgut (10 Prozent). "Über Theaterkarten, Blumen oder Bücher wurde nie gesprochen. Woher dieses Märchen kommt, ist mir schleierhaft", sagte der ÖGB-Präsident. In Berichten über Pläne von Finanzminister Hans Jörg Schelling, den ermäßigten Steuersatz auch für Bücher, Zeitungen, Theater- und Konzertkarten anzuheben, hieß es, der ÖGB habe die Erhöhungen ins Spiel gebracht.

Aufschrei von der Autorenvereinigung

Derzeit gilt der ermäßigte Steuersatz von 10 Prozent unter anderem für Nahrungsmittel, Medikamente, Mieten sowie Gas und Strom. Diese Ermäßigungen will Schelling nicht antasten. Foglar meint generell: "Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Güter und Leistungen, die man für das tägliche Leben braucht, ist für uns nie infrage gekommen."

Das führt zur Kultur-Debatte, wie sehr man Bücher oder Theaterbesuche fürs tägliche Leben braucht. Entsprechend groß ist der Aufschrei in der Kulturbranche. Zu teureren Büchern meint IG Autoren-Geschäftsführer Gerhard Ruiss: "Finanzminister Schelling macht damit nicht nur eine jahrzehntelange Aufbauarbeit im österreichischen Verlagswesen zunichte, er sorgt auch für künftig notwendige zusätzliche Bildungsinvestitionen in einem vielfachen Ausmaß dessen, was ihm die jetzige Mehrwertsteueranhebung bringt", so Ruiss. Auch beim Buchversand habe Österreich "Weltrekordtarife". "In so gut wie allen EU-Ländern, in denen ermäßigte Mehrwertsteuersätze eine Rolle spielen, erfährt das Buch eine besonders begünstigte Behandlung. Dasselbe gilt, wenn auch ein wenig abgeschwächt, für Kulturveranstaltungen und Zeitungen, Zeitschriften", sagt Ruiss.

"Das ist keine gute Idee", sagte der Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wiens, Thomas Drozda, zu teureren Tickets. In Spanien hätte eine Mehrwertsteuer-Anhebung katastrophale Auswirkungen auf die Kultur gehabt.

Weniger Ausnahmen,mehr Überblick

Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut kann dem Streichen von Ausnahmen sehr wohl etwas abgewinnen, weil steuerliche Ausnahmen die Intransparenz und den Gestaltungsspielraum für Steuervermeidung erhöhen. Wichtig sei die soziale Treffsicherheit der niedrigeren Sätze zu überprüfen. "Theater- und Opernkarten treffen eher nicht die untersten Einkommen am stärksten." Die Effekte, die man damit erzielen kann, etwa mehr Theaterbesuche, könnten auch durch Förderungen erzielt werden. Bei einer Steuerreform müsse eine einfache Struktur ein zentrales Ziel sein.

Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) lässt solche Einwände nicht gelten: "Wir versuchen seit Jahren den Zugang zu Kunst und Kultur zu vereinfachen, etwa durch den Gratis-Eintritt in die Museen. Es ist ein völlig falsches Signal, Kulturgut, das allen zusteht, höher zu besteuern."