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Von der Couch aus zum Master

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik
Beim Fernstudium wird von zu Hause aus gelernt,wobei vor allem neue Medien intensiv genutzt werden. Ideal für Personen, die wegen Beruf, Familie oderKrankheit nicht mobil sind. Foto: Zentrum für Fernstudien/Veit Malle

Keine Konkurrenz zu klassischen Unis, sondern Ergänzung. | Absolventen in Wirtschaft gefragt.


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Wien. Es klingt wie ein Klischee: der Student, der lieber zu Hause auf der Couch oder im Bett herumlümmelt, als auf die Universität zu marschieren. Tatsächlich kann man aber in Österreich seit 30 Jahren problemlos von zu Hause aus - wahlweise auch im Bett oder auf der Couch - sein Studium absolvieren, ohne als Gammelstudent zu gelten. Möglich ist dies über ein Fernstudium.

Seit 1981 kann man sich im Studienzentrum Bregenz akademisch fortbilden - und zwar im rund 600 Kilometer entfernten Hagen in Nordrhein-Westfalen. Dort steht seit 1974 die Fernuniversität Hagen, die mit rund 75.000 Studenten - verteilt über die gesamte Bundesrepublik - mittlerweile als eine der größten Hochschulen Deutschlands gilt. In Österreich machen aktuell 2273 Personen von dem Angebot Gebrauch.

Sie werden über die sechs Studienzentren in Bregenz, Saalfelden, Villach, Wien, Steyr und Linz betreut. Über Linz, genauer über das Zentrum für Fernstudien an der Johannes Kepler Universität (JKU) läuft seit 1992 die Koordination und die Kooperation mit der Fernuniversität Hagen.

Das Studienangebot umfasst Bachelor- und Masterstudiengänge in Wirtschaftswissenschaften, Kultur- und Sozialwissenschaften, Mathematik und Informatik sowie Rechtswissenschaften. Selbst promovieren kann man von zuhause aus. "Ich hoffe, dass wir das Angebot noch weiter ausbauen können", sagt JKU-Rektor Richard Hagelauer.

Weitere rund 3000 Studenten absolvieren derzeit ein Jus-Fernstudium der JKU, das seit 1998 unabhängig von der Fernuniversität Hagen angeboten wird.

Für Friedrich Faulhammer, Generalsekretär im Wissenschaftsministerium, stehen die Fernstudien keineswegs in Konkurrenz zu den Präsenzstudien an den alteingesessenen Universitäten, sondern sind vielmehr eine Ergänzung, "ein Mosaikstein unseres Bildungssystems", wie er zur "Wiener Zeitung" am Mittwoch sagte.

Geradezu eine Notwendigkeit von Fernstudien sieht Helmut Hoyer, Rektor der Fernuni Hagen. 80 Prozent der Fernstudenten seien berufstätig, da sei es wichtig, dass sich das Studienangebot flexibel gestalten lasse. Weil das Studium "flexibel, individuell und effizient" sei, seien die Absolventen gefragte Arbeitskräfte in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung, sagt der Rektor stolz.

Potenzial von 10.000 Plätzen in Österreich
Bestätigt sieht sich Hoyer auch dadurch, dass sich die Zahl der Studierenden an der Fernuni Hagen in den letzten fünf Jahren fast verdoppelt hat. Damit stoße seine Uni an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, sagt Hoyer, der auf zusätzlich Mittel für den Ausbau der Fernuni hofft, um den geschätzten Bedarf von rund 100.000 Studienplätzen in Deutschland decken zu können.

Auch in Österreich gebe es ein Potenzial von bis zu 10.000 Fernstudenten, schätzt Faulhammer. Herbert Kalb, der in Linz für die Kooperation mit Hagen zuständige Vizerektor, sieht Bedarf vor allem im Wiener Raum, in Tirol und der Steiermark. Daher soll demnächst auch in Graz ein Fernstudienzentrum eingerichtet werden.

Die Fernuni Hagen ist freilich nicht der einzige Anbieter von Fernstudien. Ein Blick ins Internet genügt. Allerdings ist es nicht einfach, die seriösen Anbieter ausfindig zu machen, ein Gütesiegel gibt es nämlich nicht. "Da gibt es viele dubiose Geschichten", warnt Vizerektor Kalb. Er empfiehlt daher, darauf zu achten, welche Universitäten bei den jeweiligen Fernstudien schlussendlich die Titel vergeben. Im Falle des Zentrums für Fernstudien ist es die Fernuniversität Hagen. In Österreich ebenfalls beliebt ist die englische Open University, die größte staatliche Universität Großbritanniens. An der Ferdinand-Porsche-Fachhochschule in Wiener Neustadt kann man seit 1997 auch einen FH-Abschluss im Fernstudium erwerben.

An der Fernuni Hagen dauert ein Bachelorstudiengang sechs Semester, bei einem Teilzeitstudium im Schnitt doppelt so lange. Die Kosten dafür betragen zwischen 1400 und 2500 Euro. Ein darauf aufbauender Masterlehrgang dauert vier Semester und kostet rund 1000 Euro.

www.zf.jku.at
www.open.ac.uk