Zum Hauptinhalt springen

Von der Erde zum Planeten GJ 667Cc

Von Eva Stanzl

Wissen
GJ 667Cc kreist um seinen Stern, der seinerseits von einem Stern begleitet wird.

Das Reisen zu anderen Planeten in Lichtgeschwindigkeit lässt auf sich warten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Die Erde hat Gesellschaft. Stimmen jüngste Berechnungen von Astronomen der Universität Kopenhagen, dürften sich allein in der Milchstraße - eine von rund 50 Milliarden von der Erde aus beobachtbaren Galaxien - 100 Milliarden Planeten tummeln, die in der "bewohnbaren Zone" um ihre Sonne kreisen. Allein mit dem Kepler-Weltraumteleskop sollen bisher 290 "Super-Erden" entdeckt worden sein, die die richtige Masse und Entfernung zu ihrem Heimatstern haben, um Leben zu ermöglichen. Für Menschen liegen sie jedoch - noch - sehr weit weg.

Diese Woche überraschten Astronomen mit der Nachricht, eine weitere möglicherweise bewohnbare "Super-Erde" aufgespürt zu haben. Der Planet mit der Katalognummer GJ 667Cc kreise 22 Lichtjahre entfernt im Sternbild Skorpion in der Milchstraße um einen Zwergstern. Er habe eine Distanz zu seiner Sonne, in der lebenswichtiges Wasser flüssig wäre (die "Wiener Zeitung berichtete). Laut den Forschern des Carnegie Science Institute in Washington ist GJ 667Cc der "neue beste Kandidat dafür, Leben, wie wir es kennen, zu unterstützen."

Bestenfalls Rückschlüsse

Allerdings ist Leben auf anderen Planeten schwer nachzuweisen. Denn selbst über die Existenz von Wasser, einer brauchbaren Atmosphäre und die Beschaffenheit der Oberfläche lassen sich von der Erde aus bestenfalls Rückschlüsse ziehen. Mit den Weltraumteleskopen CoRoT und Kepler suchen Astronomen nach Planeten bei fremden Sternen. Ihre Auswahl in der galaktischen Nachbarschaft fällt auf solche, die unserer Sonne ähnlich sind. Die Forscher gehen davon aus, dass die dortigen Begebenheiten die hiesigen spiegeln. Demnach muss ein Planet nahe zu seinem Heimatstern kreisen, damit Wasser nicht friert. Als kalter Planet würde er zudem nur wenig Gas verlieren und - wie Jupiter - zu einem Gasplaneten werden.

Die Weltraumteleskope können die Planeten nicht direkt sehen. "Astronomen beobachten Helligkeitsschwankungen vor Sternen", sagt Thomas Bergauer vom Institut für Hochenergiephysik (Hephy) in Wien: "Daraus leiten sie Planeten ab. Aufgrund der Stärke der Abschwächung und der Häufigkeit des Auftretens errechnen sie die Größe des Planeten und wie lange er braucht, um seine Sonne zu umrunden." Bei ihrer Suche stoßen die Forscher jedoch auch auf Planeten-Systeme, die sich anders verhalten als unser Sonnensystem. "Statt kleinen Gesteinsplaneten - ähnlich wie Venus - in der Nähe des Sterns zu finden, haben Satelliten Planeten in der Größe des Gasriesen Jupiter entdeckt", berichtet Jörg Weingrill vom Institut für Weltraumforschung der Akademie der Wissenschaften im Online-Magazin science.orf.at. Auch hätten andere sonnenähnliche Sterne stärkere Eruptionen. Auf anderen Planeten in bewohnbaren Zonen könnte es also durchaus wild und stürmisch zugehen.

"Für unseren Planeten muss man keine weiteren Annahmen treffen", betonte Guillem Anglada-Escudé, Leiter des Forscherteams zu GJ 667Cc, am Freitag. Der Planet habe die 4,5-fache Masse der Erde und umkreise seine Sonne in 28 Tagen. Da sein Stern kleiner ist als unserer, befände er sich in der richtigen Entfernung. Allerdings sei nicht klar, ob GJ 667Cc seinem Zentralgestirn nur eine Seite zuwendet - wie der Mond der Erde.

Gegeben die Tatsache, dass Entfernungen im Universum in Millionen von Lichtjahren gemessen werden, liegt GJ 667Cc einen Katzensprung von der Erde entfernt. Das Licht benötigt 22 Jahre, um zu uns zu gelangen. Dennoch können wir Menschen etwaige Nachbarn auf dem bläulich-violetten Planeten nicht zu Lebzeiten besuchen. "Unsere derzeitige Reisegeschwindigkeit im Weltraum beträgt ein paar Prozent der Lichtgeschwindigkeit", sagt Thomas Bergauer. Nach Einsteins Relativitätstheorie existiere zwar das Zwillingsparadoxon, wonach Menschen im All langsamer altern als auf der Erde. Demnach würde ein Zwilling, der in den Weltraum reist, nach seiner Rückkehr etwas jünger sein als sein hier gebliebenes Geschwister. US-Forscher hätten die Theorie mit zwei Atomuhren überprüft, "allerdings", so Bergauer, "lag der Unterschied nur bei Bruchteil-Sekunden. Könnte man höhere Reisegeschwindigkeiten erreichen, wäre er größer."

Physikalische Grenzen

Dazu müssten wohl physikalische Grenzen gesprengt werden. Experimente im Teilchenbeschleuniger LHC am Kernforschungszentrum in Genf haben gezeigt, dass massenhafte Teilchen schwerer werden, wenn sie beschleunigt werden. Dadurch wird immer mehr Energie nötig, je schneller sie unterwegs sein sollen. "Mit Lichtgeschwindigkeit können heute nur massefreie Photonen (Licht) reisen", sagt Teilchenphysiker Bergauer - Menschen können es nicht. Zwar existiere ein Ionen-Antrieb für Raumschiffe, der über einen langen Zeitraum die Geschwindigkeit steigert: "Aber es dauert sehr lange, bis man einen signifikanten Unterschied spürt." Er sieht keine Möglichkeit, diese Grenzen zu überwinden. Ideen, wonach wir in unserer Lebenszeit auf Planeten wie GJ 667Cc ankommen könnten, müssen daher weiterhin auf (nach wie vor reinen) Theorien zu Abkürzungen der Raumzeit durch Wurmlöcher beruhen.

Vielleicht behalten die Theoretiker jedoch recht - ähnlich wie Jules Verne, der 1865 in seinem Buch "Von der Erde zum Mond" manche Einzelheiten der Mondlandung voraussagte. Kaum jemand konnte sich damals vorstellen, dass die Amerikaner ihn 100 Jahre später tatsächlich betreten würden. Obwohl dafür keine physikalischen Grenzen, sondern nur eine Höhendistanz von 400.000 Kilometer zu überbrücken ist und das Flugzeug bereits erfunden war.