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Ihr selbst gestecktes Ziel hat sie nur knapp verfehlt. Kurz nachdem Ursula von der Leyen von den Mitgliedstaaten zur nächsten EU-Kommissionspräsidentin bestimmt worden war, hatte sie angekündigt, ihre Behörde mit zumindest genauso vielen Frauen wie Männern zu besetzen. Nun werden es fast so viele. Zwölf weibliche Namen scheinen auf von der Leyens Liste für die künftige EU-Kommission auf. Mit der Präsidentin selbst werden es
13 Frauen sein.
Da Großbritannien keinen Kommissar mehr nach Brüssel entsendet, bleiben noch 14 Posten, die Männer erhalten. Trotzdem werden mehr Frauen denn je die Topjobs im Berlaymont-Gebäude, wo die Kommission ihren Sitz hat, übernehmen.
Wird die Behörde in dieser Besetzung vom EU-Parlament bestätigt, kann sie am 1. November ihre Arbeit aufnehmen. Erst danach wird sich zeigen, über wie viel Durchsetzungskraft von der Leyen samt ihrer Mannschaft verfügt. Und das hat dann mit dem Geschlecht nichts mehr zu tun. Der Vorgänger der Deutschen, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, ehemaliger Premier- und Finanzminister sowie Vorsitzender der Eurogruppe, galt vor seinem Amtsantritt als Kommissionspräsident als erfahrener und gewiefter Politiker. Die Brüsseler Behörde wollte er denn auch zu einer politischen Institution machen. Doch selbst wenn es die EU-Kommission ist, die Gesetzesentwürfe vorlegt, sind es die Mitgliedstaaten, die das gewichtige Gremium des Rats bilden, der die Vorhaben abändern, bestätigen oder ablehnen kann. Daran sind Juncker und seine Mannschaft mit ihren Vorschlägen immer wieder abgeprallt.
Ob sich dies unter von der Leyens Führung ändern wird, ist ungewiss. Immerhin verdankt die CDU-Politikerin ihre Kür genau jenen Staats- und Regierungschefs, mit denen sie wohl künftig so manchen Zwist wird austragen müssen, wenn es gilt, nationale und gesamteuropäische Interessen auszubalancieren.
Streitpotenzial gibt es dabei genug, ob bei Klimaschutz, Migration, Außen- oder Energiepolitik. Auch kurzfristig stehen wichtige Entscheidungen an: Soll der EU-Austritt Großbritanniens noch einmal verschoben werden? Wie viel Geld soll ins gemeinsame europäische Budget fließen? Die Verhandlungen über den mehrjährigen Haushaltsplan der EU gehören zu den zähesten in der Gemeinschaft, und sie müssen schon bald starten.
Das Tauziehen zwischen den drei EU-Institutionen Kommission, Rat und Parlament ist ein wesentlicher Bestandteil der Kompromissfindung und Gesetzgebung in der Europäischen Union. Will die EU-Kommission in diesem Gefüge eine starke Position einnehmen, muss sie sich diese erst schaffen - und danach verteidigen.