Hatten wir das nicht gerade - eine Reform des Urheberrechts? Hatten wir nicht vor kurzem erst eine Novelle zum Urheberrechtsgesetz, die insbesondere zum Thema "Privatkopie" auch in der breiteren Öffentlichkeit diskutiert wurde? Ja, das war die Novelle 2003, kundgemacht am 6. Juni 2003. Sie diente der schon überfälligen Umsetzung der europäischen Richtlinie über Urheberrecht in der Informationsgesellschaft und hat vor allem den Bereich der Nutzung geschützter Werke im Internet geregelt.
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Warum ist also jetzt für den kommenden Donnerstag, den 16. Oktober, eine parlamentarische Enquete zum Thema "Evaluierung des österreichischen Urheberrechts und Erarbeitung von möglichen Lösungen, die sowohl die Interessen der im Kreativprozess eingebundenen als auch die der Produzenten wahrt" anberaumt worden? Nun, die Antwort liegt auf der Hand:
Es gab offenbar Wünsche verschiedener Interessengruppen, die in dieser, auf eine bloße Richtlinienumsetzung beschränkten Novelle nicht berücksichtigt werden konnten. Es waren Wünsche, die einer eingehenderen Diskussion bedürfen, Wünsche, die durch-aus kontrovers beurteilt werden. Dass man damit die notwendige Novelle 2003 nicht aufgehalten hat, andererseits aber jetzt die Initiative zur parlamentarischen Erörterung weiterer Reformanliegen ergriffen hat, ist erfreulich. Erfreulich ist auch, dass auf der Rednerliste vier Anwälte ausgewiesen sind, die ihre Praxiserfahrung einbringen.
Worum es gehen wird, ist nur zu erahnen, die Referatsthemen lassen dies noch im Dunkel. Es wird wohl um das Urhebervertragsrecht gehen. Dazu wurden bereits 2002 in einem Ministerialentwurf Vorschläge gemacht. So wird die Einführung einer Regelung erwogen, die den Abschluss von Nutzungsverträgen über künftige, heute noch nicht bekannte Nutzungsarten für unwirksam erklärt.
Ich halte dies für problematisch. Ein zwingender Grund dafür, die Privatautonomie der Parteien so weitreichend zu beschneiden, ist nicht zu ersehen. Lässt beispielsweise ein Unternehmen ein (urheber-rechtlich geschütztes) Logo als Teil seiner Corporate Identity entwickeln, so benötigt es eine umfassende Rechtseinräumung, die sicherstellt, dass dieses Logo auch in Zukunft und auch in neuen, heute noch nicht bekannten Medien uneingeschränkt verwendet werden kann. Nicht weniger problematisch ist die erwogene Einführung des aus Deutschland bekannten "Bestseller-Paragraphen", der eine nachträgliche Vergütungsforderung begründen würde, wenn das ursprünglich vereinbarte Honorar und der vom Werknutzer erzielte Ertrag in einem "auffälligen Missverhältnis" zueinander stehen. Es wäre freilich eine einseitige Regelung, denn sie würde nur zu Gunsten des Rechteinhabers nicht aber zu dessen Lasten gehen, wenn der Ertrag im Vergleich zum Honorar unangemessen gering bleibt.
Andere Themen werden die Reform des Verwertungsgesellschaftenrechts (Stichwort "One Stop Shop") oder das Filmurheberrecht sein. Es wird wohl nur wenige Fragen geben, bei denen nicht der bekannte Interessengegensatz zwischen Urhebern und Rechteinhabern einerseits und den Verwertern andererseits deutlich wird. Hier ausgewogene Lösungen zu finden, das ist letztlich eine Aufgabe der Politik. Die Reformdiskussion um das Urheberrecht bleibt also spannend.
Zum Thema "Geistiges Eigentum - Innovation und Rechtsschutz" findet kommenden Freitag in der Wiener Albertina ein hochkarätig besetztes, interdisziplinäres Symposium statt. Organisiert wird die Veranstaltung von der Initiative Geistiges Eigentum.
http://www.geistigeseigentum.at