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Von der Unfähigkeit der Nachfolger

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Betriebsübernahme ist nur etwas für echte Unternehmer. | Übertriebene Vorstellungen vom Wert der Firma. | Wien. Sich im Beruf selbst verwirklichen, Unabhängigkeit und eine flexible Zeiteinteilung - die Selbständigkeit reizt viele, vor allem junge Menschen.


Laut einer aktuellen Studie der KMU Forschung Austria sind der Wunsch nach Selbstverwirklichung und das Erreichen einer flexiblen Zeiteinteilung auch die Hauptmotive für eine Firmenübernahme. Und warum ein eigenes Unternehmen gründen, wenn jemand anderer schon vorgearbeitet hat, das Geschäft gut läuft und ein Kundenstock vorhanden ist?

"Die Übernahme eines Betriebs ist eine attraktive Alternative zur Unternehmensgründung", beteuert Peter Voithofer, stellvertretender Direktor der KMU Forschung Austria. Einfach ist aber auch die Nachfolge in ein bereits bestehendes Unternehmen nicht. Allein der Übergabeprozess ist ein schwieriges Unterfangen. Abgesehen von der zwischenmenschlichen Ebene kann man hier über eine Fülle an rechtlichen und steuerlichen Hürden stolpern - etwa bei der Finanzierung.

"Der Unternehmer setzt oft private Vermögenswerte ein. Das ist dann bei der Nachfolge ohne steuerliche Konsequenzen schwierig aufzulösen - ein Schwachpunkt, der bei der Übergabe schlagend wird", gibt Ernst Jauernik, Berater bei Betriebsübergaben, zu bedenken.

Vorsicht vor Alleingang

Der Übergabeprozess selbst sollte genau geplant sein, da sonst unnötige Kosten entstehen könnten. Ein Fehler, der laut Jauernik oft begangen wird: Rechtsanwälte werden zu früh mit der Abwicklung der Übergabe beauftragt und produzieren dadurch überflüssige Kosten.

Voithofer von der KMU Forschung Austria rät dringend, externe Unterstützung bei der Nachfolgeregelung miteinzubeziehen. Wer die Übernahme auf eigene Faust machen möchte, hätte nur geringe Erfolgschancen.

Seitens des Übergebenden sollte die Nachfolge möglichst früh geplant werden. "Man muss sich schon bei der Unternehmensgründung darüber Gedanken machen, was später einmal passieren soll", gibt Jauernik zu bedenken. Manche Unternehmen seien eben besser für eine Fortführung durch einen Nachfolger geeignet als andere. Gerade wenn der Firmenwert stark vom Unternehmer abhängt, also eine sehr persönliche Leistung wie etwa eine schriftstellerische Tätigkeit erbracht wird, sei ein Weiterbestand ohne den Unternehmensgründer schwierig bis unmöglich.

Immer wieder Probleme gibt es laut Jauernik auch, weil der Übergebende unrealistische Vorstellungen von dem Firmenwert seines Unternehmens hat. Der Berater schätzt, dass in Österreich nur etwa 250 Betriebe pro Jahr eine ordentliche Übergabe überhaupt wert sind.

Einfach nur ein Job?

Mit der Übergabe des Unternehmens ist allerdings noch nicht aller Tage Abend. Ab diesem Moment kommt es auf das unternehmerische Können des Nachfolgers an. Immerhin sind laut der KMU-Forschung-Austria-Studie drei Viertel der tatsächlich übergebenen Betriebe langfristig erfolgreich, haben also eine steigende Beschäftigung und eine positive Umsatzentwicklung. Ein Viertel scheitert hingegen.

"Ein großes Problem ist, dass viele Menschen gerne Unternehmer sein möchten, weil man dann eben selbständig und unabhängig ist. Häufig ist es aber so, dass die dann nicht kreativ sind und keine Entscheidungen fällen können", weiß Jauernik. "Die suchen einfach nur einen Job." In solchen Fällen sei ein Scheitern der Firmenübergabe vorprogrammiert. Denn neben den Zuckerseiten der Selbständigkeit gibt es auch eine Fülle von Nachteilen. Laut Voithofer liegt etwa die wöchentliche Arbeitszeit von Unternehmern "erheblich über 40 Stunden".