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Von der Verschärfung des Euro-Stabilitätspakts

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Machtkampf zwischen Brüssel und Berlin droht. | Ideen-Regen vor Sondergipfel und Arbeitsgruppe. | Brüssel. Eine hochrangige Arbeitsgruppe unter Vorsitz von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy soll bis Herbst Vorschläge ausarbeiten, wie eine Tragödie wie die griechische in Zukunft vermieden werden könnte. Doch die Finanzminister sind bisher noch nicht mit dem Belgier zu Beratungen zusammengetroffen. Die erste Sitzung ist für 21. Mai anberaumt. Bis dahin gibt es für die Mitglieder der Arbeitsgruppe wohl schon einiges zu diskutieren. Denn vor dem Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs morgen, Freitag, überschlagen sich die Beteiligten schon mit guten Ideen für die Verschärfung des Euro-Stabilitätspakts. Dabei zeichnet sich ein Machtkampf zwischen EU-Kommission und Berlin ab; während Brüssel auf keinen Fall den gerade mühsam ratifizierten Vertrag von Lissabon aufschnüren will, verlangten einige Vorschläge von Bundeskanzlerin Angela Merkel genau das. Vor allem der von ihr angeregte Stimmrechtsentzug für notorische Defizitsünder sei mit der EU-Vertragslage nicht zu machen, hieß es in Kommissionskreisen. Ebenso schwierig wäre der Entzug von EU-Mitteln bei Verletzung der Regeln.


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Der Stabilitätspakt könne jedoch sehr wohl geändert werden, es handle sich dabei um sogenanntes Sekundärrecht, dessen Änderung nicht in allen 27 Mitgliedstaaten ratifiziert werden müsste. Das Problem sei, dass der Pakt die richtigen Regeln vorgebe, sich die Mitgliedstaaten aber schlicht nicht daran halten.

Deutsche selbst schuld

Als Sündenfall gilt in Brüssel der November 2003, als Deutschland und Frankreich eine Sperrminorität der Finanzminister organisierten, um Defizitverfahren abzuwehren. Daher will Rehn offenbar die Einflussnahme der Mitgliedstaaten auf die Strafverfahren ausschalten und Sanktionen bei Verstößen gegen den Stabilitätspakt automatisch und ohne Vetomöglichkeit der Finanzminister verhängen können.

Als "systematisches Frühwarnsystem" soll die Kommission vorzeitig Verfahren einleiten können, wenn sich eine Pakt-Verletzung abzeichnet. Um dafür solides Zahlenmaterial zu haben, sind mehr Prüfkompetenzen für das EU-Statistikamt Eurostat geplant. Zudem soll ein "ständiger Krisenreaktionsmechanismus" für eventuelle Euro-Pleitekandidaten geschaffen werden. Vorstellbar wäre eine Art Notkreditrahmen. Bis zu dessen Höhe dürfte die Kommission am Finanzmarkt Mittel für Problemländer aufnehmen.

Rehn hatte bereits betont, dass die Nutzung dieses Mechanismus möglichst unattraktiv und mit strikten Auflagen versehen sein müsse. Seine konkreten Vorschläge will der Wirtschaftskommissar erst am Mittwoch vorlegen; es handelt sich laut Rehn dabei um den Hauptbeitrag der EU-Kommission für die Arbeit der Arbeitsgruppe von Van Rompuy. Nur der wird morgen, Freitag, und am 21. Mai dabei sein. Beim Sondergipfel der Eurozone wäre Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso für das Kräftemessen mit Merkel zuständig.