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Von Dienern und Herrschern

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Nur zur Erinnerung, und weil die Politik in jedem Wahlkampf erheblichen Aufwand betreibt, diesen simplen Umstand so gut wie möglich zu verstecken: Wir wählen am 29. September weder einen Bundeskanzler noch sonst einen Minister und schon gar keine Koalition, sondern 183 Abgeordnete zum Nationalrat.

Das gilt auch für Werner Faymann und Michael Spindelegger, die demnächst wieder das Spiel vom Kanzlerduell inszenieren. Doch Tatsache ist: Wer uns wie in den kommenden fünf Jahren regieren wird, entscheidet sich nach der Wahl und ist dem Einfluss der Bürger weitgehend entzogen. Von da an halten die Parteien alle Macht in Händen. Demut gilt nur am Wahlabend.

Nur im Parlament spiegelt sich der Wählerwille authentisch wider. Deshalb ist so entscheidend, welche Rolle diesem zukommt. Immerhin ist die Regierung dem Nationalrat verantwortlich und nicht umgekehrt. Entgegen weitverbreiteter Überzeugungen zählt nämlich in der Politik nicht allein (und nicht einmal zum überwiegenden Teil) das Endergebnis. Mindestens so entscheidend ist, wie es dazu kommt. Demokratie ist zuallererst Prozess.

Für Abgeordnete von Regierungsparteien ist das sehr viel leichter gesagt als getan. Zumal bei Ministern und Ministerinnen das Gespür für solche Fragen nur selten stark ausgeprägt ist; dass ihre Amtsbezeichnung sich vom lateinischen Wort für dienen ableitet, haben nur die wenigsten politisch verinnerlicht.

Meinungsunterschiede zwischen Ministern und Regierungsklubs sind dennoch eine heikle Sache. Pochen die Vertreter des Souveräns, die Mandatare, auf ihre Rolle als Gesetzesschreiber, freut dies politische Gegner und Medien; für Letztere erschöpft sich zu oft das Politikverständnis im oberflächlichen Konflikt.

Um dieser politischen No-win-Situation zu entgehen, sitzen die Klubchefs in der wöchentlichen Regierungssitzung, um aufkeimende Probleme rechtzeitig zu applanieren.

Solche Besprechungen sind das Öl, das die Politik geräuschlos am Laufen hält. Nur: Geräuschlose Politik ist das absolute Gegenteil von Parlamentarismus, wo die Standpunkte vor aller Augen aufeinanderprallen.

Auch wenn es viele nicht glauben: Die stillschweigende Entsorgung politischer Debatten ist ein Problem. Mehr und ein lebendigerer Parlamentarismus wäre ein probates Gegenrezept.