Im Entlastungspaket fehlen strukturelle Änderungen im Steuersystem.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
28 Milliarden Euro schwer ist das Paket der Bundesregierung gegen die Teuerung, davon bis zu 6 Milliarden als Sofortmaßnahmen, insbesondere Einmalzahlungen, die noch heuer greifen sollen. Diese werden für Ärmere eine wichtige Hilfe zur Bewältigung der hohen Inflation darstellen. Als längerfristige Maßnahmen sollen ab 2023 die kalte Progression abgeschafft werden, Sozial- und Familienleistungen jährlich valorisiert und die Lohnnebenkosten um 0,6 Milliarden Euro gesenkt werden. Die Abschaffung der kalten Progression vermindert den künftigen Budgetspielraum entscheidend und erhöht dadurch auch das Budgetdefizit. Die Politik verliert Gestaltungsspielraum, durch Steuerreformen kann sie etwa mit den Mehreinnahmen aus der kalten Progression gezielt Geringverdienerinnen unterstützen.
Im Paket fehlen leider strukturelle Änderungen im Steuersystem. Die bestehende hohe Besteuerung der Arbeit und die im internationalen Vergleich extrem niedrige steuerliche Belastung anderer Einkommen (aus Kapital, Vermögen, Erbschaften, Schenkungen, usw.) bleiben bestehen. Auch fehlen weiterhin Akzente in Richtung Ökologisierung, etwa die Senkung der relativ hohen Steuern auf Strom (kommt überwiegend aus Wasserkraft) und der niedrigen Steuern auf Gas.
Neben der Bevölkerung bekommen auch die Unternehmen eine Milliarde an Subventionen für eine Strompreiskompensation, für energieintensive Firmen sind Direktzuschüsse vorgesehen sowie eine abgabenfreie Mitarbeiterprämie von 3.000 Euro. Besser wäre es, mit diesen Mitteln energiesparende Investitionen zur fördern, wie den Umstieg auf Wärmepumpen für Warmwasser und Heizung oder Induktionsherde. Auch industriepolitische Akzente fehlen. In den 1980ern wurden im Handelsministerium die Automobilcluster aufgebaut und im Landwirtschaftsministerium die Weinwirtschaft von Massen- auf Qualitätsproduktion umgestellt - mit wesentlich geringeren Mitteln als einer Milliarde Euro. Heute böte sich der Ausbau der Solar- und Biogasproduktion in Österreich durch gezielte Bildung von Clustern an, die wesentlich weniger Förderung benötigen würden.
Gewinn-Preis-Spiralen
Die geplante Gießkannenförderung ist nicht einzusehen, da es ja gerade auch Unternehmen sind, die als Profiteure der Inflation ihre Preise oft stärker als ihre Kosten erhöht haben. Die derzeit hohe Inflation wird auch durch hohe Monopolrenten von Konzernen getrieben. Es liegen nicht Lohn-Preis-, sondern Gewinn-Preis-Spiralen vor. Die Monopolrenten sind möglich, da zuletzt, speziell durch Firmenübernahmen, marktbeherrschende Unternehmen entstanden sind. Effektiver als Zinserhöhungen wäre es, die Monopolrenten - auch bei Strom und Gas - zu senken.
In Österreich hat hier speziell der Verbund seine Preise stark erhöht, obwohl die Stromproduktion aus Wasserkraftwerken nicht teurer wurde. Nach einer Ansage des Kanzlers, die Übergewinne bei Energiekonzernen abschöpfen zu wollen, ist nichts mehr passiert. Andere Länder wie Italien oder Griechenland haben dies schon durchgezogen und finanzieren damit den Teuerungsausgleich statt wie bei uns über neue Schulden. Bei uns gibt es eine Sonderdividende für Verbund-Aktionäre und gewisse Entlastungen für Verbund-Stromkunden.
In Frankreich greift die eher liberale Regierung in den Markt ein. Die Electricité de France, wie der Verbund ein teilstaatlicher Konzern an der Börse, liefert weiter billigen Strom (in Frankreich eher aus Atom- statt aus Wasserkraft). Dieser billigere Strompreis hat, gemeinsam mit anderen Markteingriffen, wesentlich dazu beigetragen, dass die Inflation in Frankreich mit 4,9 Prozent wesentlich niedriger ist als im Euroraum und in Österreich (6 Prozent). Die Reallöhne fallen in Österreich um 3,8 Prozent und damit noch stärker als im Euroraum (2,2 Prozent), während sie in Frankreich mit minus 0,2 Prozent praktisch gleich bleiben.
In Österreich verlieren die Arbeitnehmer durch die Inflation, die durch die Strom- und Gaspreise getrieben wird. Der Verbund (Strom) und die OMV (Öl, Gas) verdienen daran glänzend. Es erfolgt also ein Umverteilung von den Arbeitnehmern zu den Aktionären, zu denen freilich auch der Staat gehört. In Frankreich hingegen haben die Aktionäre verloren - der Börsenkurs der Electricité de France sank von 12 auf 8 Euro -, aber die Konsumenten und Arbeitnehmer gewonnen. Österreich sollte sich Frankreich zum Vorbild nehmen. Die Krisenprofiteure sollten einen Beitrag leisten. Umverteilungseffekte von unten nach oben sind zu vermeiden.