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Von Jörgls Glück und Fritzens Ende

Von Peter Plaikner

Analysen

Analytische Auseinandersetzung mit Jörg Haider und Fritz Dinkhauser. | AK und Land als Testgebiete sind zu wenig. | Wien. Vor zwei Monaten noch schien der Fritz eher drin als der Jörgl. Der schwarz gewandete Sprücheklopfer aus Tirol wirkte einfach gesellschaftsfähiger als der blauorange Dressman aus Kärnten. Denn Dinkhauser fehlt, was an Haider quält - das Setzen von Duftspuren jenseits des Verfassungsbogens.


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Da hatte der ÖVP-Querschläger sich gerade zur zweitstärksten Kraft im Landtag zu Innsbruck aufgeschwungen. Ein ideales Vorspiel für den Rausch des Neuen, der im Hochsommer das politische Biotop Österreich erfasste: Zersplitterung der Parteienlandschaft, Sieben-Listen-Parlament, vielfältige Partner-Möglichkeiten .. .

Nichts war langweiliger als die größte Wahrscheinlichkeit - eine kleinere große Koalition im Fünf-Parteien-Nationalrat. Da kam der angebliche Draufgänger Dinkhauser gerade recht im Vergleich zum vermeintlichen Zauderer Haider.

Da wurde ausgeblendet, dass der Polterer vom grünen Inn deutsche Saisonniers schon als Feinde bezeichnet hatte, um als Tiroler AK-Präsident zu punkten. Da wurde ignoriert, wie der Sunnyboy vom Wörthersee sich bereits durch eine grenzgeniale Plakatserie als gereifter Staatsmann inszeniert hatte, um diese Wirkung vorab in Kärnten zu testen.

Die Überschätzung Dinkhausers (Ende Juli bis zu sieben Prozent) und die Unterschätzung Haiders (zuletzt höchstens acht Prozent) entwickelten sich einerseits aus dem Wunsch als Vater des Gedankens, dem sich im Wiener Wechselspiel von Politik, Marktforschung, Meinungsmachern und Medien kaum jemand entzieht. Sie entstanden aber auch aufgrund der ungebrochenen Distanz von Bundesländer-Realitäten zum österreichischen Machtzentrum.

Jörg Haider in Kärnten, das ist ein unangefochtener Landeshauptmann, dem die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl 2009 schon sicher scheint. Hier versagen die ideologischen Raster Restösterreichs. Wo die Sozialdemokraten zuviel vor der eigenen Tür kehren müssen, wo die Volkspartei unter die Wahrnehmungsgrenze rutscht, wo die Grünen ihr eigenes Wahlziel verraten, hat der beste Handwerker des Populismus leichtes Spiel. Nur langweilig wird ihm dabei - ohne die große Wiener Bühne, die er einst gewohnt war.

Vor allem der weitere Horizont, die größere Perspektive unterscheidet Haider vom allerdings politisch korrekteren Dinkhauser. Dieser profitierte im Landtagswahlkampf von 17 Jahren Präsidentschaft über die Tiroler Arbeiterkammer. Sie verwendete er als Thinktank und Füllhorn zugleich. Die Beliebtheit ihres Ex-Chefs ist das Ergebnis von Öffentlichkeitsarbeit der Marke AK=Fritz. Doch dem kauzigen Älpler gelang es nie, das mediale Wohlwollen aus Wien als flüchtigen Hang zum Skurrilen zu enttarnen.

Bei näherer Betrachtung ihrer regionalen Wirkungskreise waren Entzauberung und Auferstehung von Fritz und Jörgl längst auch in der nun realen Dimension vorhersehbar. Die zuvor veröffentlichten Irrtümer sind ein Musterbeispiel für Trugbilder aus zu großer Distanz - wie sie nun fleißig weitergemalt werden: vom mutmaßlichen Herrgottswinkel Tirol über das vermeintlich braune Kärnten zum angeblich rechtsradikalen Österreich.