Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider spricht weiterhin von einer Abhöraffäre und hat nun den Leiter des Büros für interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium, Martin Kreutner, wegen Amtsmissbrauchs angezeigt. Von Innenministerin Liese Prokop und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel verlangt Haider eine Entschuldigung. Schüssel hatte im Zusammenhang mit Haiders Vorwürfen von "Verfolgungswahn" gesprochen.
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Der Fall selbst ist äußerst komplex. Die BIA-Ermittler des Innenministeriums sind bei einer richterlich genehmigten Abhörung in einem anderen Fall zufällig auf Hinweise gestoßen, die sie an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet haben. Bei diesen Hinweisen ist es offensichtlich um den geplanten Bau des EM-Stadions in Klagenfurt gegangen.
Das Stadion soll bis zum Jahr 2008 errichtet werden. Das Investitionsvolumen beträgt rund 66 Mio. Euro. Zum Bau dieses Riesenprojektes gab es eine öffentliche Ausschreibung. Die Kärntner Gratiszeitung "Kärntner Woche" veröffentlichte Anfang Februar die geheime Liste der Baufirmen, die sich um das Stadion-Projekt bewerben und auch die Angebotssummen und die geheime Bewertung der Jury. Darin wird die Wiener Baufirma Porr als Bestbieter genannt. Ebenso als Bieter tritt der Kärntner Großunternehmer Hans Peter Haselsteiner mit der Strabag auf.
Die Frage ist, wer diese geheime Liste weitergegeben hat. Der Kärntner Landeshauptmann hat angekündigt, jeden zu klagen, der ihn damit in Verbindung bringt. Die Justiz wird die Ermittlungen in Sachen EM-Stadion fortführen, berichtete das Ö1-"Journal um fünf". Geklärt soll eben die Frage werden, wer die geheimen Ausschreibungs-Unterlagen weitergeben hat. Die vermutete Bestechung sei nicht nachweisbar, Anschuldigungen über dubiose Firmenabsprachen nicht verifizierbar, heißt es laut Radio in der Justiz. Behauptungen, wonach Haider eine Baufirma persönlich bevorzugt habe, seien aus dem Akt nicht herauszulesen. Der Name Haider komme im Akt gar nicht vor.
Haider klagt nun BIA-Chef Kreutner wegen Amtsmissbrauchs. Kreutner hätte die Öffentlichkeit über laufende Verfahren informiert und damit die Amtsverschwiegenheit gebrochen und Amtsmissbrauch begangen. Haider bezog sich auf die Mitteilung Kreutners gegenüber Medien über Telefonüberwachungen von Kärntner Persönlichkeiten. Dafür habe es laut Justizministerium aber keine Genehmigung gegeben.
Haiders Kritik: "Das BIA geht offenbar willkürlich vor, hat sich auf Freiheitliche spezialisiert und unterliegt keiner Kontrolle." Außerdem verlangt die Kärntner FPÖ eine Entschuldigung Schüssels und Prokops bei Haider.
Dem konterte das Innenministerium: Haider solle sich "bei allen Polizisten und Gendarmen entschuldigen", forderte Prokop-Sprecher Johannes Rauch. Immerhin habe Haider das BIA mit der "Securitate" verglichen. Das rief wiederum die Kärntner FPÖ auf den Plan: "Hier wird eine klare Täter-Opfer-Umkehr versucht", ließ Haider-Sprecher Stefan Petzner wissen. Rauch solle aufpassen, dass er "kein Kreutner 2 wird".
Eine Anzeige des Justizministeriums gegen Kreutner, wie Haider sagte, gibt es laut Ministeriums-Sprecher Martin Standl nicht, sondern lediglich Ermittlungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Bruchs der Amtsverschwiegenheit. Die entsprechende Anzeige hatte Kreutners Büro für Interne Angelegenheiten eingebracht, nachdem Informationen über die Ermittlungen des BIA im Zusammenhang mit illegaler Parteienfinanzierung um das Klagenfurter EM-Stadion an die Öffentlichkeit gelangt waren.
Die FPÖ verlangt jedenfalls in 72 Fragen Aufklärung von der Innenministerin. Falls diese nicht zur Zufriedenheit beantwortet werden, werde als nächster Schritt eine Dringliche Anfrage im Nationalrat eingebracht. Auch ein Untersuchungsausschuss ist für Haider ein Weg.
Die Grünen fordern in dieser Angelegenheit ebenfalls einen U-Ausschuss und hoffen dabei auf die Unterstützung von FPÖ und SPÖ. Neben dem Vergabeverfahren solle untersucht werden, welche Informanten aus dem Innenministerium Haider habe, sagte Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz.