Die Entwicklung von populistischen und nationalistischen Parteien in Österreich und Frankreich sind Gegenstand eines transnationalen Wissenschaftsprojektes der Linzer Kepler Universität und der | Universität der nordfranzösischen Stadt Rouen.
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Parallelen gibt es viele, aber auch Differenzen zwischen der Freiheitlichen Partei Österreichs und dem Front National in Frankreich. Auch sind Publikationen über die FPÖ seit der Übernahme der
Obmannschaft durch Jörg Haider im Jahr 1986 inflationär. Im zeitgeschichtlichen Kooperationsprojekt der Uni Linz werden der Populismus der Linken ebenso wie populistische Äußerungen in der Sprache
oder in Chansons unter die Lupe genommen, führt Rudolf Ardelt vom Linzer Institut für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" aus.
Historisch-vergleichend untersucht werden die strukturellen Bedingungen des Aufkommens und Erstarkens populistischer Bewegungen vom 19. Jahrhundert bis heute. Die österreichischen Beiträge widmen
sich der deutsch-nationalen Politik Georg Ritter von Schönerers (1842 bis 1921), dem Deutsch-Nationalismus in den 20er Jahren oder dem christlichen Antisemitismus des Wiener Bürgermeisters Karl
Lueger. Von französischer Seite werden auch die Sozialisten, etwa die ehemalige Premierministerin und EU-Kommissarin Edith Cresson, in die Analyse einbezogen. In Frankreich sei die Debatte um den
politisch motivierten Populismus "schon breiter" angelegt, konstatiert der Zeithistoriker Ardelt. Überhaupt müsste in die wissenschaftliche Analyse auch die deutsche Christlich-Soziale Union (CSU)
unter Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber einbezogen werden, zeigt Ardelt noch wissenschaftlich zu beackernde Felder auf.
Sportlich und elastisch
Was ist nun dran an den viel zitierten Ähnlichkeiten zwischen dem Front National (FN) unter Jean-Marie Le Pen und der FPÖ unter Jörg Haider? Während der FN einem eher "traditionalistisch-
nationalistischen Schema" folge, sei die FPÖ von einem "Patchwork"- oder "Design-Populismus" gekennzeichnet. Ausgehend vom altdeutschen Segment bewege sich die FPÖ jetzt von der nationalistischen
Schiene weg, da diese Strömung zu klein sei. "Haider ist elastischer als Le Pen", mit anderen Worten: Le Pen sei "der Mittelklassewagen-Fahrer" und Haider "der sportliche Porsche-Fahrer, dessen
männliche und weibliche Gefolgsleute auch bei Modenschauen auftreten", beschreibt Ardelt die beiden Parteien.
Zu den von der FPÖ aufgegriffenen "Konfliktfeldern in der modernen und postindustriellen Gesellschaft" gehörten die "Spannungszonen" zwischen der Bundeshauptstadt und den Ländern oder zwischen dem
"kleinen Mann" und den politischen Machthabern "oben" ebenso wie die Ausländerfrage. Rudolf Ardelt warnt jedoch davor, den FPÖ-Obmann "ins rechte Eck zu stellen". So dürften populistische Strategien
wie Haiders "Agitation gegen moderne Kunst" nicht übersehen werden. "Die Konfliktfelder werden von der FPÖ schnell gewechselt", sagt Ardelt · und traut der Partei einen weiteren Zuwachs an
Wählerpotential zu. Vieles, das von der FPÖ angesprochen werde, brauche aber liberale Antworten.