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Von Unterhaltung und Haltung

Von Tamara Arthofer

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Tamara Arthofer
Tamara Arthofer ist Sport-Ressortleiterin.

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Da sage noch einmal einer, der Sport sei in turbulenten Zeiten ein Zufluchtsort, in dem der Horizont einer realitätsfernen, genusssüchtigen Meute nach Metern, Toren und Sekunden endet. Gegenbeispiele gibt’s zur Genüge: Da nahmen es die schottischen und englischen Fußballspieler mit der mächtigen Fifa auf, um beim WM-Qualifikationsspiel am Freitag (nach Redaktionsschluss) gegen deren Willen und in seltener Einigkeit - trotz historischer Rivalität und im Schatten des Brexit-Votums - in Form eines Mohnblumenemblems ein Zeichen des Friedens zu setzen; andernorts bestreiten die USA und Mexiko ein Fußballspiel, das durch den Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl zusätzliche Brisanz erhielt, weswegen nun alle Beteiligten dazu aufriefen, mit dem Sport Brücken statt Mauern zu bauen. Und nicht einmal die Formel 1, ansonsten ein Mikrokosmos für sich, dreht völlig unbehelligt ihre Runden. Denn am Sonntag wird es beim Grand Prix von Brasilien (17 Uhr MEZ) nicht nur um den WM-Kampf zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton gehen - Ersterer liegt 19 Punkte voran und kann sich theoretisch schon den Titel holen - , und auch nicht nur um den emotionalen Abschied des einstigen brasilianischen Fast-Weltmeisters Felipe Massa von seinen enthusiasmierten Heim-Fans in Interlagos. Vielmehr steht auch ein Mann im Blickpunkt, von dem man das bisher nicht so gewohnt war: der Mexikaner Sergio Pérez. Der hat nämlich seinen Sponsorenvertrag mit dem (spanischen) Brillenhersteller Hawkers aufgelöst, nachdem dieser auf Twitter damit geworben hatte, mit den Brillen könnten Mexikaner ihre Tränen nach Trumps Sieg verbergen. Es sollte wohl ein Scherz sein - ein schlechter, fand Pérez. Nie werde er es zulassen, dass jemand sein Land verspotte, schrieb er und gab trotz nachfolgender Entschuldigung des Unternehmens die Trennung von diesem bekannt. Einige mexikanische Sportteams folgten seinem Beispiel. Das kann man nun gut finden oder übertrieben. In Zeiten, in denen Sportler oftmals als willfährige Marionetten einer globalen und skrupellosen Unterhaltungsindustrie gesehen werden, ist es zumindest ein Zeichen persönlicher Haltung.