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Auch seriöse Medien sind nicht gefeit, wenn es jemand ernst meint. Oder eben genau nicht ernst meint. Über die Kafka-Ausgabe, die sich gegen das Diktat der Rechtschreibung stemmen wollte, haben Sie auch in dieser Publikation gelesen - kurz bevor sie als Scherz eines Künstlerkollektivs namens Birdbase enttarnt wurde. Als zweiten Streich hat dieselbe eine Sexschule erfunden und der eifrige Boulevard ist ihr auf den Leim gegangen. Zu verlockend sind da wohl Titel wie "Wer nicht kommt, der fliegt".
Nun ist die Praxis, arglose Journalisten aufs Glatteis zu führen, keineswegs eine neue Erfindung der anonymen Vögel. In der langen Tradition dieser Verwirrungen steht aber auch ein Tier am Anfang. Das fand sich in einem Leserbrief von Arthur Schütz, den dieser unter dem Pseudonym "Dr. Ing. Erich R. v. Winkler" in einem (tatsächlich abgedruckten) Leserbrief an die ehrwürdige "Neue Freie Presse" geschrieben hat. Da berichtete er mit allerlei überzeugendem technischen Vokabular über ein von ihm gemessenes (und erfundenes) Erdbeben - bei dem auch sein Grubenhund nervös geworden sei. Diese Aktion war ein origineller Streich, der kaum mehr wollte, als die Aufmerksamkeit auf mehr Sorgfalt zu lenken. Wie man sieht: immer noch aktuell. Birdbase hingegen pocht im Nachbeben seiner Irreführungen immer bierernst auf etwas wirre politische Forderungen. Irgendwie humorlos roh - sie haben eindeutig nicht bei Qualtinger gelernt. So mancher Reporter soll sich heute noch wünschen, ihm aufgesessen zu sein: als er sich als Eskimodichter Kobuk am Westbahnhof empfangen ließ.