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In den Industrieländern galten die globalen Energiereserven lange Zeit als unerschöpflich. 1973 fand diese Illusion ein jähes Ende: Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) verhängte im | Oktober 1973 ein Öl-Embargo - und löste damit in den westlichen Ländern einen Schock aus.
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Mit dem Öl-Boykott wollten die OPEC-Staaten die Importländer zwingen, in dem gerade entflammten "Jom-Kippur-Krieg" zwischen Israel, Ägypten und Syrien Position für die arabische Seite zu beziehen.
Die OPEC-Länder verkündeten am 17. Oktober, die Ölausfuhren zu drosseln und die Abgabepreise drastisch zu erhöhen. In die Niederlande und die USA, die in den Augen der Ölmagnaten als Freunde Israels
galten, floß schon Tage später kein Tropfen Öl mehr. Den als neutral geltenden Staaten reduzierte die OPEC die Lieferungen um ein Viertel. England und Frankreich wurden von dem Embargo ausgenommen,
weil sie nach OPEC-Auffassung frühzeitig den Rückzug Israels gefordert hatten. Die übrigen EG-Mitglieder sowie die USA und Japan sahen sich gezwungen, Erdölvorräte anzulegen.
Die betroffenen Länder reagierten mit außergewöhnlichen Sparmaßnahmen: Fahrverbote, Benzin-Rationierungen und Geschwindigkeitsbegrenzungen wurden zum Teil gesetzlich festgeschrieben. In Italien
machte die Ölverknappung sogar die Straßen dunkler: Die Straßenbeleuchtung wurde um 40% verringert, die Leuchtreklame ab einer bestimmten Zeit ganz abgeschaltet.
Manche versuchten mit Erfindergeist, sich auf die Energieknappheit einzustellen. Einige bastelten mit Rasenmähermotoren angetriebene Fahrräder oder stellten ihre Autos auf Holzgasbetrieb um. In
Deutschland ersetzte eine Brauerei kurzfristig Lastwagen durch stämmige Brauerei-Pferde, die Bahn entstaubte ihre Dampf-Lokomotiven.
Die Auswirkungen des Embargos waren in der damaligen Europäischen Gemeinschaft deshalb so einschneidend, weil fast 80% der benötigten 550 Mill. Tonnen Rohöl aus dem Nahen Osten und den arabischen
Ländern Afrikas kamen. Ähnlich war die Lage in Japan. Nur die USA bezogen noch Erdöl vom eigenen Kontinent. Mit den noch verbliebenen Ölreserven in europäischen Tanks hätte der Mindestbedarf der EG-
Länder lediglich für zwei bis drei Monate gedeckt werden können.
Die "Ölwaffe" zeigte schon bald erste Erfolge. Am 5. November 1973 forderten die EG-Außenminister in einer Nahost-Erklärung Israel zur Räumung der seit 1967 besetzten Gebiete auf. Japan schloß sich
der Forderung im Dezember an. Das Einlenken zeigte schnell Wirkung: Noch im selben Monat gaben OPEC-Länder erste Signale für eine Entspannung. Nach und nach lockerten sie die Abgabe-Beschränkungen
und hoben schließlich auch den Total-Boykott auf.
Mit der drastischen Erhöhung der Erdölpreise behielten die OPEC-Mitglieder den Ölmarkt jedoch fest im Griff. Es gelang ihnen, den Preis für ein Barrel Rohöl (159 Liter) von 2,83 Dollar im Jahr 1973
auf 36,15 Dollar im Jahr 1980 hochzuschrauben. Auch andere wichtige Ölexportländer wie Nigeria schlossen sich der OPEC-Preispolitik an.
Die Konsequenzen der Ölpreisexplosion waren immens. Zum erste Mal wurde deutlich, daß die OPEC Besitzer eines der wichtigsten Ressourcen der Weltwirtschaft waren. Die betroffenen Länder konnten nur
unter Rückgriff auf üppige Devisenreserven eine drohende Wirtschaftskrise abwenden. Wegen des verteuerten OPEC-Öls wurde die Suche nach neuen Erdölquellen massiv vorangetrieben.
In Europa erschlossen Norwegen und Großbritannien die Ölvorkommen in der Nordsee, um die EG-Länder vom OPEC-Öl weitgehend unabhängig zu machen. Daneben wurden Energieträger wie Atomkraft und
Wasserkraft verstärkt eingesetzt. Doch das Erdöl blieb bis heute weltweit der wichtigste Energieträger.
Mit der Ölkrise wurde auch erstmals debattiert, wie Ressourcen geschont werden können. Möglichkeiten zum Energiesparen im Haushalt und beim Benzinverbrauch wurden seitdem immer weiter verbessert.
Allerdings blieb der europaweite Energiebedarf in den vergangenen zehn Jahren weitgehend stabil. Die Idee, durch eine Öko-Steuer den Umwelt- und Ressourcen-Verbrauch zu senken, entstand nach der
Ölkrise. Die EU-Mitglieder konnten sich allerdings bisher nicht auf eine solche Steuer einigen.