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Heinz Fischer hat über Neuwahlen räsoniert. Ein Fehler, doch konnte er live im Studio überhaupt anders? | räsoniert. | Bundespräsident Heinz Fischer ist bekannt - und unter Journalisten gefürchtet - dafür, dass ihm kein vorschnelles Wort über die Lippen kommt. Sich wortreich alle Optionen offenlassen, ist eine Kunst, die heute aus der politischen Mode gekommen ist.
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Nun scheint allerdings auch der Bundespräsident seinen Tugendpfad verlassen und sich mit dem Neuwahl-Fieber infiziert zu haben. Angesteckt hat er sich am Dienstag im ORF-Studio im Gespräch mit Armin Wolf. Ereignisse der letzen Wochen, erklärte da das Staatsoberhaupt in wohlüberlegten Worten, hätten die Wahrscheinlichkeit von Neuwahlen "größer gemacht". Das sei "unübersehbar".
Fischer hat natürlich Recht, das ist für jeden, der Augen hat, unübersehbar. Nur: Ist es klug, wenn er in einer solchen Situation, wo er richtigerweise vor jeder "Neuwahl-Hysterie" warnt, auch noch selbst über die Wahrscheinlichkeit von Neuwahlen via TV räsoniert? Andererseits: Was hätte der Bundespräsident anderes als das Offensichtliche auch sagen sollen?
Er hätte vielleicht gar nicht in das Studie gehen sollen. Es gibt in der Politik Situationen, wo jedes Wort, öffentlich gesprochen, falsch ist. Was man verhindern will, darüber sollte man auch nicht sprechen. Genau deshalb haben auch Bundespräsident, Bundeskanzler und Vizekanzler strikte Vertraulichkeit über den Inhalt ihres Sechs-Augen-Gesprächs vom vergangenen Montagabend vereinbart - und bis dato auch eingehalten.
Doch im Angesicht einer Kamera und eines professionell-beharrlichen Nachhakers wie Wolf kann man eben nicht nichts sagen. Nicht einmal Heinz Fischer kann das. Also musste er notgedrungen das Neuwahl-Wort in den Mund nehmen - und alle Medien zitierten es aus seinem Mund. Selten wurden die Mechanismen einer Mediendemokratie deutlicher.
Aus Medien-Sicht ist dies natürlich eine heikle Sache. Heinz Fischers offener Umgang ist ein Segen, die Öffentlichkeit hat ein Recht auf die Meinung des Bundespräsidenten. Nur: "Seit wann hat in Österreich der ORF ein Zitationsrecht für Politiker? Das steht eigentlich nur dem Parlament zu", fragt sich der Verfassungsexperte Manfried Welan. Die Antwort muss wohl heißen: Er hatte es stets, nur jetzt spielt er es auch aus. Wer nicht ins Studio kommt, wird dafür gegeißelt, wer kommt, muss sagen, was er vielleicht gar nicht sagen will. Gewiss ein philosophisches Problem, aber doch ein Problem.