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Vor der Schau kommt der Umbau der Stadt

Von Franz Nickel, Berlin

Wirtschaft

In einem knappen Jahr ist es soweit: Am 1. Juni öffnet die Weltausstellung Expo 2000 in Hannover ihre Pforten. Dann werden bis zum 31. Oktober täglich rund 300.000 Besucher erwartet, mit insgesamt | 40 Millionen wird gerechnet. Die reguläre Tageskarte kostet 69 DM. Zwar haben erst 10.000 Interessierte ein Ticket gekauft, aber laut Expo-Gesellschaft wurden schon 800.000 Eintrittskarten an | Touristikunternehmen und andere Weiterverkäufer in Kommission gegeben.


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Unter dem Motto "Mensch · Natur · Technik" soll die Expo 2000 eine Schau der Superlative werden. Nach Aussagen von Generalkommissarin Birgit Breuel werden sich 175 Nationen und 16

internationale Organisationen vorstellen, so viele wie nie zuvor. Dazu werden das alte Messegelände von 90 auf 160 ha erweitert, die meisten alten Ausstellungshallen abgerissen und durch moderne und

teurere ersetzt. 52 Länder wollen eigene Pavillons errichten, die anderen nutzen die neuen Messehallen. Der deutsche Pavillon mit 130 m Länge und 90 m Breite fast so groß wie zwei Fußballfelder hatte

kürzlich Richtfest. Hier will die deutsche Industrie ihre technologische Leistungsfähigkeit zu Beginn des neuen Jahrtausends demonstrieren, wobei besonders Hochgeschwindigkeitszüge, die

Gentechnologie und neue Atom· "Fusions" · Reaktoren vorgestellt werden.

Zu den Superlativen zählt auch der Umbau in der Stadt: Für umgerechnet mehr als 20 Mrd. Schilling wird die Verkehrs-Infrastruktur umgekrempelt. Ein völlig neues U- und S-Bahn-Netz entsteht. Von einem

ICE·Bahnhof aus wird über ein 300 m langes Fußgänger-Förderband in einer Glasröhre ein direkter Zugang zur Ausstellung ermöglicht. Am Flughafen entsteht ein drittes Terminal. Die umliegenden

Autobahnen werden auf 50 km Länge von vier auf sechs Spuren verbreitert.

Was so beeindruckend klingt, treibt den Hannoveranern allerdings heute schon den Schweiß ins Gesicht. Derzeit wird auf 300 Baustellen in der niedersächsischen Hauptstadt gebuddelt. Kilometerlange

Staus und Abgasnebel sorgen für Streß, wo eigentlich Begeisterung erwünscht ist. Aber dafür sollen sie im nächsten Jahr entschädigt werden. Spektakuläre Vorführungen und atemberaubende Simulationen

werden einen Blick ins 21. Jahrhundert ermöglichen. Die deutsche Chemieindustrie wird eine 22 Mill. DM teure Multi-Media-Show zeigen. Nepal will einen 200 t schweren Tempel aufstellen, an dem 800

Familien in Heimarbeit geschnitzt haben. Äthiopien wird die Besucher in einem als Hügel angelegten Pavillon durch ein Labyrinth führen, das als Ausweg den Blick auf eine äthiopische Landschaft mit

Wüsten- und Wasserflächen freigibt.

Zu den Superlativen zählt die Expo-Chefin auch "ihr" Botschafterteam, das ehrenamtlich für die Weltausstellung werben soll: Franz Beckenbauer, Hans-Dietrich Genscher, Uschi Glas, Mario Adorf und

andere. Andere, wie Steffi Graf, Boris Becker und Thomas Gottschalk, haben abgewinkt.

Aus den Geldsorgen, die die Expo vom ersten Tag an begleiten, scheint man heraus zu sein. Zwar wurde Frau Breuel des öfteren "Mißmanagement" vorgeworfen, aber sie selbst hält das für absurd. Die

Bankierstochter weiß sehr wohl mit Geld umzugehen und das "Mißmanagement" ist eher ihrer Zeit als oberste Abwicklerin in der ehemaligen DDR geschuldet, als sie Treuhand-Chefin war.

Jedenfalls haben die neue Bundesregierung und das Land Niedersachsen kurz nach Amtsantritt angesichts des zu erwartenden Defizits den Bürgschaftsrahmen für die Expo um weitere 400 Mill. auf 1,77 Mrd.

DM erhöht. 200 Mill. davon sollen das Expo-Programm mit täglichen Paraden, Nationen-Festen und Bühnenshows noch attraktiver gestalten, um mehr Besucher anzulocken. Denn von denen sollen schließlich

durch den Ticketverkauf 1,3 Mrd. DM hereinkommen.