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Paukenschlag im Parlament: Anlässlich der Beratungen rund um das "Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz" wurde vom Finanzministerium ein Ergänzungsantrag präsentiert, der die längst fällige Reform der Besteuerung ausländischer Kapitalerträge festschreiben soll.
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Anlass für diesen hastigen legistischen Vorstoß (der freilich nichts mit der Flutkatastrophe, sondern eher mit der zu Ende gehenden Legislaturperiode zu tun hat), gaben die Verfassungsrichter, die im März dieses Jahres die Ungleichbehandlung in- und ausländischer Fondserträge gebrandmarkt hatten. Dieser Makel soll nun durch eine Novelle zum Einkommensteuergesetz beseitigt werden.
Die Rechtslage war massiv gegen den österreichischen Fiskus. Die heimischen Verfassungsrichter kritisierten das Fehlen der Endbesteuerung bei ausländischen Fondserträgen und der Europäische Gerichtshof ließ durchblicken, dass die unterschiedliche Besteuerung in- und ausländischer Aktiendividenden in Österreich eigentlich nicht EU-konform sei; nur aus formalen Gründen hatten die EU-Richter bisher noch kein verurteilendes Verdikt gefällt.
Neue Sondersteuer als KESt.-Ersatz
Den Spruch des Verfassungsgerichts und die drohende Verurteilung durch den EuGH will die heimische Finanz jetzt zum Anlass nehmen, um die ungute Rechtslage zu bereinigen. Grundgedanke des vorliegenden Gesetzentwurfs: Ausländische Kapitalerträge, gleichviel solche aus Fonds oder aus Direktveranlagungen, sollen im Inland mit einer "KESt.-Ersatzsteuer" belegt werden, die in Höhe und Wirkung der echten Kapitalertragsteuer gleichgestellt ist.
Von dieser "Sondersteuer" sollen künftig die folgenden ausländischen Kapitalerträge erfasst werden: Gewinn-Anteile (Dividenden) aus Aktien oder GmbH-Anteilen; Zinsenerträge aus Geldeinlagen bei ausländischen Kreditinstituten sowie aus ausländischen Forderungswertpapieren sowie schließlich auch die sogenannten ausschüttungsgleichen (thesaurierten) Erträge ausländischer Kapitalanlagefonds.
Progressionsneutrale, isolierte Besteuerung
Dabei wird davon ausgegangen, dass diese ausländischen Erträge mangels inländischer kuponauszahlender Stellen keinen KESt.-Abzug möglich machen. Sie müssen daher auch künftig gegenüber dem heimischen Finanzamt erklärt werden, werden aber eben mit dem KESt.-analogen Sondersteuersatz von 25% belegt. (Dieser feste Steuersatz ist im Einkommensteuerrecht nicht unbekannt: Es gibt ihn bereits für die sogenannten Sondergewinne aus der betrieblichen Eigenkapitalzuwachsverzinsung).
Die ausländischen Kapitalerträge werden nicht mit den anderen Einkünften zusammengerechnet, sondern nehmen im Gesamteinkommen eine isolierte, progressionsneutrale Stelle ein.
Endbesteuerung für Auslandserträge
Da die Sondersteuer die Funktion des (inländischen) KESt.-Abzugs übernimmt, hat sie auch die gleiche einkommensteuerliche Endbesteuerungswirkung: "Die Einkommensteuer gilt durch diese Besteuerung als abgegolten", heißt es im Gesetzentwurf. Wie bei den inländischen Kapitalerträgen unter dem 25%igen KESt.-Abzug soll auch für die ausländischen Erträge die Option bestehen, im Einzelfall eine günstigere Tarifbesteuerung zu beantragen, wenn selbst der Halbsatz noch zu hoch wäre.
Vorbehalt gegen Off-shore-Gewinne
In einem Fall will sich der Fiskus allerdings eine Eingriffsmöglichkeit offen halten, wenn sich durch die heimische Sondersteuer für den Ertragsempfänger eine unangemessen hohe Begünstigung ergibt. Soferne die ausländischen Kapitalgesellschaften oder die thesaurierenden Auslandsfonds im Heimatstaat einer besonders niedrigen Körperschaftsteuer unterliegen oder gar steuerfrei gestellt sind, will der Finanzminister die von dort fließenden Gewinne per Verordnung aus der Sondersteuer-Begünstigung ausklammern und einer normalen Vollbesteuerung zuführen; eine Aktion, die sichtlich auf die Veranlagungen in Steueroasen abzielt.
Schachzug: Rasche Reform
Die vom Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber gesetzte "Reparaturfrist" für die Änderung der inkriminierten Besteuerung ausländischer Kapitalerträge sollte ursprünglich bis Ende März 2003 laufen. "Im Hinblick auf die grundsätzliche Methodik der Jahresbesteuerung erweist sich allerdings eine Neuregelung bereits ab 1. Jänner 2002 als erforderlich", heißt es in dem Vorlagepapier des Finanzministeriums. Der schnelle legistische Schachzug könnte auch dazu dienen, ein neuerlich beim EuGH anhängiges Verfahren rechtzeitig zu unterlaufen.