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Mit Blick auf die Inflation hat Fed-Chef Powell die Finanzmärkte auf deutlich steigende Zinsen vorbereitet.
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Seit Monaten sind Notenbanker rund um den Erdball mit der Frage konfrontiert, wie sich die hohe Inflation möglichst rasch eindämmen lässt, ohne die Konjunktur abzuwürgen. Wie dieser Spagat gelingen könnte, ist heuer bei der traditionellen Notenbank-Konferenz in Jackson Hole, inmitten der Bergwelt des US-Bundesstaats Wyoming, zentrales Thema.
Höhepunkt des Treffens, an dem aufseiten der Europäischen Zentralbank (EZB) neben anderen Top-Vertretern auch der österreichische Nationalbank-Chef Robert Holzmann teilnahm, war die Rede von Jerome Powell am Freitag, dem vorletzten Tag des Events. Die Rede des Präsidenten der US-Notenbank Fed hatte an den Finanzmärkten im Vorfeld für Hochspannung gesorgt. Von ihr hatten sich Anleger Näheres zum weiteren geldpolitischen Kurs der US-Währungshüter erhofft.
Powell dürfte diese Hoffnungen jedoch zum Teil enttäuscht haben. Zumal er in seiner Rede offenließ, was die Federal Reserve tun wird, sollte sich die Konjunktur der größten Wirtschaftsnation der Welt merklich abkühlen. Die Entschlossenheit der Fed bei der Bekämpfung der Teuerung, die im Juli bei 8,5 Prozent lag, bekräftigte der ranghöchste Notenbanker der USA hingegen.
Fed-Chef sieht langen Kampf
Im Zuge seiner Rede stimmte Powell die Märkte auf einen langen Kampf gegen die Inflation ein. Die Wiederherstellung der Preisstabilität werde für "einige Zeit" eine restriktive Geldpolitik nötig machen, erklärte er. Dazu müssten die Werkzeuge "kraftvoll" genutzt werden. Powells Äußerungen gelten als deutliches Signal, dass die Fed ihren Zinserhöhungskurs eisern fortsetzt und Lockerungen auf absehbare Zeit nicht infrage kommen. Mehrere US-Währungshüter betonten, es sei voreilig von den Märkten, Zinssenkungen bereits im kommenden Jahr zu erwarten.
Wie hoch der nächste Zinsschritt ausfallen wird, bleibt vorerst offen. Powell sagte, dies hänge von der Datenlage ab, womit vor allem die Inflations- und Arbeitsmarktdaten gemeint sein dürften. Irgendwann werde es auf dem Weg der Zinserhöhungen allerdings angebracht sein, das Tempo zu verlangsamen, sagte Powell. Wann dieser Punkt gekommen sein wird, ließ er offen.
Seit der Zinswende im März hat die Fed das geldpolitische Niveau stetig erhöht - zuletzt im Juli um 0,75 Prozentpunkte. Aktuell liegt der Leitzins in einer Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent. Die nächste Fed-Zinssitzung findet am 21. September statt.
Riesen-Zinsschritt in Europa?
Unterdessen wollen einige EZB-Währungshüter bei der kommenden Zinssitzung am 8. September Insidern zufolge eine besonders kräftige Zinserhöhung diskutieren, weil sich die Inflationsaussichten verschlechtert haben. Bis Freitag hatte sich noch kein Euro-Wächter öffentlich für eine Anhebung um 0,75 Prozentpunkte ausgesprochen. Doch das Vorbild der Fed, die zuletzt zweimal in Folge die Zinszügel so stark anzog, und ein ungebrochener Preisauftrieb in der Eurozone liefern dafür Argumente.
In Jackson Hole wurde am Freitag intensiv über das Thema diskutiert. Das österreichische Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank, Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann, erklärte dort, auch eine Anhebung um 0,75 Prozentpunkte solle bei der nächsten EZB-Ratssitzung im September diskutiert werden. Ein Zinsschritt um 0,5 Prozentpunkte sei aus seiner Sicht das Minimum. "Das Inflationsproblem in Europa ist gegenwärtig so groß, dass ich es für unsere Pflicht halte, die Zinsen alle sechs Wochen zu erhöhen, bis sich die Inflation stabilisiert", sagte der niederländische Notenbank-Chef Klaas Knot. Er bevorzuge eine Zinserhöhung um 0,5 oder "vielleicht sogar" um 0,75 Prozentpunkte.
Zwar erscheint ein Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten wegen der erwarteten Opposition von Währungshütern aus den hoch verschuldeten südlichen Euroländern derzeit eher unwahrscheinlich. Die Kommentare stützen aber Argumente für eine erneute kräftige Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte im September. Wie berichtet, hatte die Europäische Zentralbank bei ihrem Meeting im Juli die Zinswende eingeleitet und dabei die Schlüsselsätze - anders als vorher in Aussicht gestellt - gleich um 0,50 Prozentpunkte hinaufgesetzt. Es war die erste Erhöhung seit elf Jahren. (kle)