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Aufgeregt vermeldet die Nachrichtenagentur scheinbar beunruhigende Neuigkeiten: "Nordkorea retuschiert störende Personen aus Kondukt-Foto weg", lautet da der Titel. Was ist passiert? Sind das etwa die ersten Vorboten von guten, alten stalinistischen Säuberungsaktionen, wie sie in einem dynastischem Machtwechseln schon vorkommen können? Mitnichten: Ein nordkoreanischer Bildredakteur hatte offenbar aus optischen Gründen ein winziges Kamerateam am Bildrand entfernt, was die "New York Times" dazu motivierte, ein Gutachten eines Forensikers anzufordern, der feststellte: Hier wurde tatsächlich mit Photoshop retuschiert!
Jetzt steht es natürlich amerikanischen Medien frei, diese Petitesse zum handfesten stalinistischen Propaganda-Skandal aufzublasen. Die Frage ist jedoch, wie weit man als Medium heute überhaupt frei von solchen und ähnlichen Manipulationen auf der Bildebene ist. Schließlich gibt kaum ein Pressefotograf Bilder frei, die vorher nicht zumindest rudimentär bearbeitet wurden. Da wird geglättet, maskiert, die Farben verändert, Ausschnitte versetzt oder das Format verändert. Zudem wissen wir ja aus der Werbung, dass kaum ein Werbesujet, das einen Körper zeigt, ohne massive Manipulationen entstanden ist. Die dabei entstandenen Fehler oder Dummheiten füllen ganze Blogs, die sich solchen Dingen widmen. Jetzt ausgerechnet den Nordkoreanern eine Manipulation anhängen zu wollen, wo im Westen nachweislich kaum ein einziges unmanipuliertes Werbesujet publiziert wird, hat schon eine gewisse Dreistigkeit. Auch wenn es von einer seriösen Zeitung kommt.