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Vorarlberg-Wahl: Leise tektonische Verschiebungen hinter dem Arlberg

Von Walter Hämmerle

Analysen

Am Sonntag wählt Vorarlberg einen neuen Landtag - und der Rest der Republik blickt entweder nach Oberösterreich oder über die Grenze nach Deutschland, wo in einer Woche ebenfalls Wahlen anstehen. Dabei würde sich ein Blick auf die Vorgänge im äußersten Westen durchaus lohnen, verschieben sich dort doch gerade auf interessante Art und Weise einige Gewichte und Traditionen.


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Das betrifft naturgemäß primär die ÖVP, die seit jeher dominierende Kraft, bei der Landeshauptmann Herbert Sausgruber seine letzte Schlacht schlägt. Um inmitten des mauen Wahlkampfs zu mobilisieren, hat er seinen Rücktritt angekündigt, sollte die ÖVP die absolute Mandatsmehrheit verlieren. Man kann diese Strategie für legitim halten, ein Zeichen großen Vertrauens in die Zugkraft der eigenen Kampagne ist sie nicht.

Demokratiepolitisch ist es zudem nicht die feine Klinge. Schließlich ist eine Landtagswahl genauso wenig eine Landeshauptmann-Direktwahl wie eine Nationalratswahl über den Kanzler entscheidet. Immerhin kann Sausgruber dieses Vabanque-Spiel ruhigen Gewissens betreiben, hat er doch seine Nachfolge mit der Berufung von Markus Wallner (42) zum Landesstatthalter bereits geregelt.

Sausgruber sorgte aber auch höchstpersönlich für den einzigen Knaller im ansonsten unaufgeregt geführten Wahlkampf, als er FPÖ-Landesrat Dieter Egger für dessen Attacke auf den Leiter des Jüdischen Museums Hohenems den Regierungssessel vor die Tür setzte. Damit scheint ein Bruch der seit knapp 35 Jahren währenden schwarz-blauen Partnerschaft bevorzustehen und die Zeit reif für ein neues Kapitel. In Vorarlberg regiert keine Proporzregierung, doch haben es sich die Schwarzen zur Tradition gemacht, sich auch dann einen Partner hereinzuholen, wenn sie über die Absolute verfügen.

Die schnelle Reaktion Sausgrubers überraschte viele - nicht zuletzt konservative Kreisen seiner eigenen Partei. Und natürlich vor allem die FPÖ, die sich ihrer Rolle als Juniorpartner sicher wähnte. Nun haben die Grünen wohl die besten Chancen auf einen Einzug in die Regierung.

Die SPÖ kommt dafür aus Sicht der ÖVP nicht in Frage, deckt sie doch - im Gegensatz zu FPÖ oder Grünen - kein politisch konsistentes Lager im Ländle ab. Mit Schwarz-Grün könnte sich die ÖVP selbst von außen jenen inneren Modernisierungsschub holen, den insbesondere Parteien brauchen, die seit Jahrzehnten an der Macht sind.

Die Strategie birgt dennoch einiges Risiko: Sinkt die ÖVP unter die absolute Mandatsmehrheit, könnte die Schuld schnell beim Hinauswurf der FPÖ gefunden werden. Noch dazu weiß niemand, wie verwundbar die ÖVP an ihrer rechten Flanke ist, wenn die Blauen einmal von der Leine der Regierungsarbeit gelassen sind. Doch zunächst einmal sind jetzt die Wähler am Wort.