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Vorbereiten auf den Tag danach

Von David Ignatius

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Die USA sollten sich darauf konzentrieren, wie es in Syrien weitergeht, wenn Machthaber Bashar al-Assad tatsächlich gestürzt wird.


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Die Syrien-Politik der USA steckt zwischen zwei widerstreitenden Forderungen fest: Präsident Bashar al-Assad muss gehen und das Töten muss aufhören. Unglücklicherweise wird es wahrscheinlich nicht möglich sein, beides zu erfüllen. Realistischer ist wohl, dass Assad gehen muss, aber das Töten weitergeht. Da die USA die Vertreibung Assads anstreben, sollte die Regierung von Präsident Barack Obama sich mehr darauf konzentrieren, was danach kommt. Sie sollte versuchen, die Ausbreitung der humanitären Krise auf andere Länder zu verhindern.

Die USA können die Türkei und Jordanien mit Nahrungsmitteln und Hilfsgütern für zehntausende syrische Flüchtlinge unterstützen, sie können den Nachbarn dabei helfen, besonders den Libanon und den Irak, die Religionskämpfe einzudämmen. Und die USA können der syrischen Opposition helfen, realistische Pläne für den Übergang zu entwerfen.

Ich würde auch gern gemeinsame russisch-amerikanische humanitäre Bemühungen in Zentralsyrien sehen. Die Russen sagen immer, dass es ihr wahres Ziel sei, ein Chaos in Syrien zu verhindern, wie das im Irak nach dem Fall von Saddam Hussein und in Libyen nach dem Sturz von Muammar Gaddafi der Fall war. Wenn es der Regierung in Moskau so wichtig ist, die syrische Bevölkerung zu schützen, hat sie jetzt die Gelegenheit dazu.

Tatsache ist, ob die Russen das mögen oder nicht, dass die syrische Opposition auf die Tore von Damaskus zuschlittert. Unterdessen teilen die USA und ihre Verbündeten die einzelnen Stücke eines immer potenteren verdeckten Aktionsprogramms auf: Die Saudis und Kataris stellen Geld und Waffen zur Verfügung, die USA kümmern sich um Kommunikation und Logistik, und die Nachbarn Türkei, Jordanien, Israel und die Emirate unterstützen die Nachrichtendienste auf dem Boden.

Auch wenn die syrische Opposition Assad Richtung Ausgang drängt, sollten die Verantwortlichen sich Gedanken darüber machen, was danach kommt. Ein dschihadistischer Staat, der Al-Kaida eine neue Basis bietet, wäre ein Desaster für die Region. Das zu verhindern, sollte alle Akteure zusammenschweißen - einschließlich Russland, USA, Israel, Türkei, Jordanien, Libanon, Irak und Iran.

Zum Glück scheint die syrische Opposition nicht zu wollen, dass die Nato diesen Krieg für sie führt. Wie ein US-Regierungsbeamter betont, erfüllen die Interventionsvorhaben die wichtigste Bedingung der "Strategie 101" nicht, nämlich dass in unsicheren Situationen die möglichen Vorteile des Eingreifens gegenüber den potenziellen Kosten bei weitem überwiegen sollten.

Das Beste, was man über die Außenpolitik der US-Regierung sagen kann: Sie ist geduldig. Man scheint damit zufrieden zu sein, dass ein Prozess im Gang ist, der schließlich zu Assads Sturz führt. Die Lage erinnert mich an den vorigen Sommer in Libyen, als Kritiker eine Eskalation wollten, um eine Pattsituation zu vermeiden. Die US-Regierung hatte damals recht, Ruhe zu bewahren - und jetzt auch.

Übersetzung: Redaktion

Siehe auch:
Originalfassung "Assessing Syria's 'day after'"