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Briten drängen auf europäische Chemikalienverordnung. | Parlamentsausschüsse stimmen ab. | Brüssel. Das Projekt ist so ehrgeizig wie umstritten: Gut 30.000 im Handel befindliche Chemikalien sollen auf ihre Schädlichkeit für den Menschen getestet werden, bevor sie weiterhin verwendet werden dürfen. Für die Registrierung, Evaluierung und Autorisierung der Chemikalien (REACH) soll eine eigene europäische Agentur gegründet werden. Die soll die neue Informationsflut verwalten und stichprobenweise nachprüfen.
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Die EU-Kommission hatte im Oktober 2003 vorgeschlagen, dass alle Unternehmen betroffen sein sollen, die mehr als eine Tonne einer potenziell gefährlichen Substanz produzieren oder verbrauchen. Über einen entschärften Ansatz wollen die Briten noch im Herbst zu einem Konsens unter den Mitgliedsstaaten finden. Im Europäischen Parlament beschäftigen sich unterdessen nicht weniger als neun Ausschüsse mit dem Thema. Rund 5000 Änderungsanträge stehen an. Auch die Abgeordneten wollen noch dieses Jahr eine gemeinsame Position finden. Ohne die Zustimmung des Parlaments gibt es die neue Richtlinie nicht. Unzufrieden mit der Entwicklung sind noch Umweltschutzorganisationen.
Heute, Dienstag sollen erste Vorentscheidungen im Europäischen Parlament fallen. Der Binnenmarkt- und der Industrieausschuss stimmen ab. Berichterstatter Hartmut Nassauer und seine Kollegin Lena Ek gehen bei ihren Papieren mehr von einem Risikoansatz als von dem Mengenansatz der Kommission aus. Die gefährlichsten Stoffe sollen umgehend der Registrierungspflicht unterliegen und eventuell gar aus dem Verkehr gezogen werden, ist der Tenor. Im Gespräch soll eine Liste mit etwa 3000 Chemikalien sein. Dafür soll - je nach Bericht - die Schwelle für die volle Registrierung für die restlichen Stoffe auf bis zu hundert Tonnen angehoben werden. So sollen die Klein- und Mittelbetriebe entlastet werden.
Registrierung bis zehn Tonnen vereinfachen
In diese Presche schlagen tendenziell auch die Briten. Sie wollen eine vereinfachte Registrierung bis zehn Tonnen. "Sehr enttäuscht" davon ist Greepeace-Expertin, Nadja Haiama. Mit jenen Daten, die bis zu zehn Tonnen verlangt würden - also für 20.000 der 30.000 Chemikalien - sei nicht einmal mehr festzustellen, ob sie gefährlich für den Menschen sind oder nicht. Zwei Drittel potenziell schädigende Substanzen würden aus REACH daher einfach herausfallen.
Welche Schäden Chemikalien haben können, die in Produkten des täglichen Gebrauchs verwendet werden, wurde bisher nur vereinzelt bekannt: So hat die EU erst im Juni sechs PVC-Weichmacher verboten, da sich diese als Krebs erregend und erbgutschädigend erwiesen haben.