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Vorerst kein Ende des IT-Desasters

Von Karl Leban und Gerald Jatzek

Wirtschaft

Arbeitskampf der IT-Spezialisten bei Mutter möglicher Grund für Probleme.


Wien. Für die Kunden der Unicredit Bank Austria ist der Spuk noch nicht vorbei: Auch am Montag, gut eine Woche nach der großen IT-Umstellung, hat "EuroSIG", das neue System der Bank, nicht reibungslos funktioniert. Nach wie vor kam es beim Online-Banking zu Pannen. "Wir konnten die Performance in den vergangenen Tagen zwar weiter verbessern, das gewohnte Service-Level ist aber noch nicht erreicht", sagte Bank-Austria-Sprecher Martin Halama zur "Wiener Zeitung". Es werde jedoch wie bisher "mit Hochdruck" daran gearbeitet, die Fehler zu beheben.

Online-Banking nutzten derzeit pro Tag insgesamt rund 100.000 Kunden, deutlich mehr als sonst üblich, so Halama. In Einzelfällen gebe es noch Verbindungsprobleme - und zwar "bei bestimmten Kombinationen von Browsern und Providern", wie der Sprecher erklärt. So könne es vereinzelt sein, dass es nicht möglich ist, sich einzuloggen, dass das System nach dem Einloggen abstürzt oder auch dass beim Ausführen eines Bankgeschäfts die richtig eingegebene Transaktionsnummer (TAN) nicht angenommen wird.

Bis wann der Betrieb im Internet störungsfrei laufen wird, lässt die Bank Austria momentan noch offen. "Die Performance unseres neuen IT-Systems hat sich stabilisiert und verbessert sich jetzt von Tag zu Tag. Aber einen fixen Zeitpunkt, bis wann die letzten Probleme behoben sein werden, können wir noch nicht versprechen." Eigenen Angaben zufolge hat das Institut rund 700.000 Online-Banking-Kunden (von insgesamt 1,8 Millionen Österreich-Kunden).

Dass die Bank Austria bei betroffenen Kunden für finanzielle Schäden aus den Pannen geradestehen will, bekräftigte sie zu Wochenbeginn. So sollen etwa Mahnspesen wegen verspäteter Zahlungen refundiert werden, keine Lasten sollen Kunden auch aus Überziehungszinsen nach stecken gebliebenen Überweisungen zu tragen haben, wie es heißt.

"700 Leute haben daran eineinhalb Jahre gearbeitet"

Zur Höhe der Kundenschäden hält sich das Geldinstitut bedeckt. "Wir sind nach wie vor dabei, Reklamationen zu erfassen und zu sammeln", so Halama. Deshalb sei es noch zu früh, eine Zahl in puncto Kundenschäden zu nennen.

Der Nachweis des konkreten Schadens ist jedoch nur bei Mahnspesen und Verzugszinsen simpel. Schwieriger ist schon die Situation eines Kleinunternehmers, der seine Ware nicht ausliefern konnte, weil die Eingänge seiner Kunden nicht überprüfbar waren. Und Urlauber im Ausland, die mangels Bargeld ihren Aufenthalt abbrechen mussten, werden wohl anwaltliche Hilfe benötigen, um zu einer Entschädigung zu kommen.

Gerüchte, die Bank hätte verabsäumt, die IT-Umstellung zu stoppen, als absehbar war, dass diese in den drei Tagen bis Montag (29. Oktober, 8 Uhr) nicht möglich sei, wies Halama als "falsch" zurück. Ein System dieser Größenordnung sei im Testbetrieb nicht eins zu eins zu simulieren, sagte der Sprecher. Die Tests seien reibungslos verlaufen und die jüngsten Fehlerbilder in den Probeläufen nicht sichtbar gewesen.

In ihre IT-Umstellung auf das Unicredit-Konzernsystem hat die Bank laut Halama eine Summe im höheren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich investiert. Sie sei die größte in der Geschichte des Instituts und vermutlich auch österreichweit gewesen. Halama: "700 Leute haben daran eineinhalb Jahre gearbeitet." Das neue System ist dem Vernehmen nach zu großen Teilen selbstentwickelt, also von IT-Spezialisten im Unicredit-Konzern.

Nicht unwesentlich für die Probleme in Österreich dürfte ein Arbeitskampf bei der italienischen Mutter sein, in dessen Zentrum die Unicredit Business Integrated Services (Ubis) steht, die im Konzern für die IT-Dienste zuständig ist. Bei Ubis kam es Ende Oktober als Protest gegen die Auslagerung von mehr als 2000 Mitarbeitern und neue Tarifvereinbarungen zu einem Streik. Der Widerstand gegen die - firmenintern "Projekt Newton" genannten - Rationalisierungsmaßnahmen beinhaltet auch die Verweigerung von Überstunden bis 17. November.