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Vorgeschmack der ÖBB-Teilung?

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Einen kleinen Vorgeschmack auf die Privatisierungspläne bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) gab gestern Wilhelm Haberzettl, Vorsitzender der Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE). Ab Juni sollen die Bus-Fahrpläne für das Wald- und Weinviertel drastisch zurückgestutzt werden. "Am Wochenende werden nur noch jene Busse geführt, die zu 75% ausgelastet sind." Damit werde der Wochenendverkehr mit einem Schlag um mehr als die Hälfte reduziert.


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Diese "Kostprobe" künftiger Entwicklungen und die geplante Einstellung der Nebenbahnen schmecke für die auf den öffentlichen Verkehr Angewiesenen bitter, betont Haberzettl.

Denn zu einer Ausdünnung bei der Personenbeförderung werde es unweigerlich kommen, wenn die von Regierungsseite angedachte Trennung von Infrastruktur und Absatz tatsächlich durchgezogen wird. Der Gewerkschaftsvorsitzende verwies auf Äußerungen von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, der unmissverständlich daran festhält. "In der ÖVP wurde eine Arbeitsgruppe installiert, die sich schon seit letztem Jahr mit der strukturellen Neuordnung der Bahn beschäftigt." Aus dessen Arbeitsunterlagen geht hervor, dass die ÖBB in zwei Aktiengesellschaften - die ÖBB und die Schieneninfrastrukturbetriebs AG - geteilt werden soll. Zusätzlich müssten Güter- und Personenverkehr dann künftig getrennt geführt werden und Schienenbenutzungsentgelt entrichten. Die VP-Experten würden auch prüfen, ob die ÖBB-Gesellschaften der ÖIAG zugeordnet werden sollen. Die Trennung sei keineswegs von der EU vorgeschrieben, die Richtlinie verlangt lediglich eine unabhängige Stelle, welche die Trassenvergabe, Sicherheitsbescheinigung und Preise regelt. Haberzettl vermutet hinter dem Teilungsgedanken politischen Deregulierungswillen, der, falls nicht sorgfältig geplant und vorgesorgt wird, als "gesetzlicher Hüftschuss" enden könnte. Er sieht Parallelen zur Telekom: "Beim Verkauf der ÖBB dürfen die Österreicher dann etwas kaufen, was ihnen eh schon gehört." Es gibt für ihn auch betriebswirtschaftliche Gründe, die Spaltung abzulehnen: Erstens würden Mehrkosten von 1,5 Mrd. Schilling durch zwei getrennte Strukturen entstehen, und zweitens wären in Folge 9.000 Arbeitsplätze gefährdet. "Private Betreiber benützen billiges rollendes Material, das die Infrastruktur weitaus stärker schädigt," erklärt Haberzettl gegenüber der "Wiener Zeitung". Deshalb setzt die Gewerkschaft auf sachliche Gespräche mit dem neuen ÖBB-General Rüediger vorm Walde. Anstatt eine Privatisierungsdiskussion zu führen, sollte die Politik zukunftsorientierte Verkehrskonzepte entwickeln. Die Einführung des Lkw-Road-Pricing wäre für Haberzettl ein richtiger Schritt in Richtung Kostenwahrheit. Denn durch die Verzögerung der Lkw-Maut seien dem Staat bisher 15 Mrd. Schilling entgangen.