Die Steiermark wählt am 31. Mai gemeinsam mit dem Burgenland. Wien und Oberösterreich folgen im Herbst. Wirkliche Neuerungen wird das Wahljahr aber wohl in keinem Bundesland bringen - aber was ist mit dem Bund?
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Wien. Dramaturgisch ist das Wahl-Jahr 2015 geradezu perfekt inszeniert. Zuerst die diversen Gemeinderatswahlen als eine Art Prolog, selbst wenn Bürgermeister häufig die viel bedeutenderen politischen Bezugspersonen für die Menschen darstellen. Dann folgt am 31. Mai der erste Höhepunkt mit den Landtagswahlen im Burgenland und der Steiermark. Im frühen Herbst wählt dann aller Voraussicht nach Oberösterreich, ein kurzes Zwischenspiel quasi, ehe das Wahljahr am 11. Oktober in Wien seinen fulminanten Schlussakt erlebt.
Doch was kann die beste Inszenierung ausrichten, wenn das Stück selbst eher langweilig ist? Und genau das könnte am Ende die Conclusio dieses Wahljahres sein. Denn im Burgenland wird wohl alles beim Alten bleiben, Landeshauptmann Hans Niessl sitzt fest im Sessel, ebenso Josef Pühringer in Oberösterreich. In der Steiermark wird die FPÖ zwar massiv dazu gewinnen, doch Platz eins (wie bei der EU-Wahl auf Landesebene) ist illusorisch. Durch die Abschaffung des Proporzes in der Steiermark werden die Freiheitlichen zudem realpolitisch an Einfluss verlieren, selbst wenn sie die Anzahl der Stimmen verdoppeln können. Am ehesten wird es noch in Wien zu einem Regierungswechsel kommen, allerdings spricht auch hier viel für eine Neuauflage von Rot-Grün.
Früher Wahlkampf
Schon spannender ist da ein anderes Stück, es wird auf dem Ballhausplatz gegeben. "Für die Bundes-SPÖ ist das Überstehen dieses Jahres das strategische Ziel", sagt Politologe Peter Filzmaier. Die Umfragewerte des Kanzlers sind schon seit Monaten im Keller und die Steuerreform wird auch eher kein Triumphzug.
Seit Montag ist nun Gewissheit, dass am 31. Mai in der Steiermark gewählt wird. Dort kündigten die "Reformpartner" Franz Voves (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP) zwar an, nur einen sehr kurzen, günstigen Wahlkampf bestreiten zu wollen, doch was, wenn die Bundesregierung am 17. März eine Reform präsentiert, die von den Ländern ein hohes Maß der Beteiligung abverlangt? Dann könnte der Wahlkampf in den Ländern schon seinen inoffiziellen Auftakt erleben.
Hartes Match für Opposition
Denn eines ist klar: Voves und Schützenhöfer werden sich anders als vor fünf Jahren nicht mehr direkt matchen, sondern ihre "Reformpartnerschaft" gemeinsam zu verteidigen versuchen. Die ÖVP hat sich ihrem Schicksal gefügt, gegen Voves den Landeshauptmannsessel nicht zurückgewinnen zu können. "Die Bruchlinie wird sein: Reformpartner gegen Opposition. Und hier wird interessant, ob es SPÖ und ÖVP gelingt, die zweifellos vorhandenen Reformerfolge als Kontrapunkt zur Bundesebene darzustellen", sagt Klaus Poier, Politikwissenschafter von der Uni Graz.
Im Duell der Reformpartner mit der Opposition ist die Vorverlegung des Wahltermins ein kleines Foul gewesen, vor allem die Neos müssen nun umdisponieren. "Bequem geht es sich nicht mehr aus", sagt Landeschef Uwe Trummer. Die interne Kandidatenwahl der Neos wird nun um zwei Wochen vorverlegt. Andererseits bringt der frühe Termin eine Kostenersparnis, das ist für die kleinen Parteien kein Nachteil. "Bei uns herrscht doch die schmale Geldbörse vor", sagt Trummer.
Weit eher problematisch für die Opposition wird das Antreten von gleich zwei neuen Parteien (Neos, Team Stronach), das spezifische Wahlrecht sowie die Reform der vier Wahlkreise sein. Aus Graz wurde nämlich Graz und Umgebung, wodurch rund 100.000, vor allem bürgerliche, Wähler hinzukamen. Um einen der 48 (statt wie bisher 56) Sitze im Landtag zu ergattern, braucht es in der Steiermark ein Grundmandat in einem der vier Wahlkreise. Realistisch ist das für die Opposition nur in Graz und Umgebung, für das Team Stronach vielleicht in der Obersteiermark.
Wenn SPÖ und ÖVP ihre Verluste in Grenzen halten können und sich die Oppositionsparteien die Stimmen gegenseitig wegnehmen, ist es auch nicht auszuschließen, dass der Landtag künftig sogar nur dreifärbig ist. Selbst die diesseits der Mur in Graz starken Grünen können sich ihrer Sache durch das Antreten der Neos nicht mehr ganz sicher sein.
Bund als Projektionsfläche
Auch thematisch werden es die Herausforderer nicht so leicht haben, vor allem die Gemeindezusammenlegungen betreffen de facto recht wenige Menschen. "Das sind ungefähr 100 Mal 500 Einwohner. Eigentlich ist das kein großes Thema", sagt Poier. Seit den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs pro Zusammenlegung sei bei den Gegnern zudem die Luft draußen. "Die Hauptfrage wird eine atmosphärische sein, spezifische Steiermark-Themen gibt es kaum."
Umso mehr könnte der Bund daher eine willkommene Projektionsfläche für die Reformpartner werden, sollten sie permanent im Kreuzfeuer der Opposition stehen. Für Filzmaier hätte diese Strategie aber auch einen Nachteil: Zwar haben sich Voves und Schützenhöfer von ihren Parteien mehr und mehr entfernt und sich auch aus den maßgeblichen Gremien zurückgezogen, dennoch könnten auch sie von einem allzu schlechten Image der Bundesregierung Schaden nehmen.
"Für Mittlerlehner birgt dieses Jahr die Gefahr der Entzauberung, für Faymann ist es aber eine Überlebensfrage", sagt Filzmaier. Dass Landespolitiker ihre Parteifreunde im Bund bisweilen sehr unfreundlich behandeln, ist zwar politische Folklore, "die Frage ist aber, ob man in Wien die Nerven bewahrt", so Filzmaier. Noch drängt sich kein Nachfolger für Werner Faymann auf, doch seit dem unglücklichen Parteitag schwelt die Parteichef-Diskussion wie eine Glut, die bei einer erneuten Brise wieder zum Brand werden kann. Am ehesten nach der Wien-Wahl, glaubt Filzmaier. Eine Ablöse Faymanns wäre demnach der Epilog dieses Wahljahres, das in den Landesregierungen selbst wohl nur die Kräfteverhältnisse ein wenig ändern dürfte.