Alle paar Jahre in einem anderen Land leben, jedes Mal - wenn es irgendwie geht - die hiesige Sprache lernen und die österreichischen Unternehmen bei ihren Aktivitäten in dem jeweiligen Land unterstützen. An die Handelsdelegierten der Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) werden hohe Anforderungen gestellt - doch jene, die den Job machen, sind offensichtlich mit Begeisterung dabei.
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Auf die Frage, wie die Herausforderung, alle paar Jahre in einem anderen Land zu arbeiten, bewältigt werden kann, meint etwa der Handelsdelegierte der Außenhandelsstelle in New York, Bruno Freytag: "Das macht es ja so interessant". Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit in New York sind: 1.) Exportförderung, 2.) Investitions- und Niederlassungsberatung, 3.) Hilfe bei den Geschäftsabläufen, wie zum Beispiel Zollprobleme. "Kürzlich hat eine Firma dringend Waren gebraucht, um einen Auftrag abzuschließen. Wir mussten den Zoll davon überzeugen, dass sie die Waren schnell abfertigen sollen", berichtet Freytag aus der Praxis.
Aktuell verfügt die österreichische Wirtschaftskammer über 70 Außenhandelsstellen und 30 weitere Stützpunkte bzw. Marketingbüros, die aus dem Kammerbudget finanziert werden. 35 der Außenhandesstellen befinden sich in Europa, 10 in Amerika, 6 in Afrika, 18 in Asien und eine in Australien.
Strenge Auswahl der "HDs"
Vergangenen Woche ist die Bewerbungsfrist für "zukünftige Führungskräfte für das weltweite Außenhandelsstellen-Netz der Wirtschaftskammer" - wie es im Inserat hieß - zu Ende gegangen. Über 500 Bewerbungen sind bei der WKO eingelangt, berichtet Christoph Sturm von der Außenwirtschaft im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Nach einem zweistufigen Auswahlverfahren werden zehn der Kandidaten und Kandidatinnen im September mit der Ausbildung beginnen können. Die Schulung umfasst neben "Basic Skills" wie Präsentationstechnik und Projektmanagement auch Sprachkurse (Englisch, Französisch, Russisch) und die Vermittlung von Fachwissen über Handelsbedingungen sowie kulturelles und gesellschaftliches Know How über die verschiedenen Kulturkreise.
Sprachentalent gefragt
Nach einer 10-monatigen Schulung, in deren Rahmen auch verschiedene Abteilungen in der WKO durchlaufen werden, kommt bereits der erste Auslandseinsatz als Stellvertreter eines Handelsdelegierten. Für drei mal drei Jahre werden die künftigen "HDs" in "möglichst unterschiedlichen Regionen" geschickt, erklärt Sturm. Dann können sie sich für eine der frei werdenden Stellen als Handelsdelegierter bewerben. Natürlich seien machen Destinationen mehr und andere weniger beliebt. Schwierigkeiten, eine bestimmte Stelle zu besetzen gebe es dennoch nicht. "Die persönlichen Interessen der Leute sind sehr unterschiedlich, daher findet man für überall jemanden". Neben einem abgeschlossenen Studium (oder Fachhochschule) mit wirtschaftlichem oder juristischen Schwerpunkt müssen die Bewerber gute Sprachkenntnisse haben. Englisch sei ein Muss, Französisch auf diplomatischer Ebene nach wie vor vorteilhaft, und von zunehmender Bedeutung seien die slawischen Sprachen. "Man muss schauen, dass man in jedem Land die Sprache irgendwie lernt", meint Freytag, der - außer arabisch - alle Sprachen, der Länder wo er tätig war, gelernt hat. Er spricht fließend Englisch, Spanisch und Niederländisch und auch "ganz gut" Bulgarisch und Serbokroatisch.
"Es ist eine super Karriere", zeigt sich auch Christiane Zwettler, Handelsdelegierte in Frankfurt begeistert. Voraussetzung sei eben, dass man flexibel ist. "Wir haben im Vertrag stehen, dass wir jederzeit versetzbar sind". In Deutschland, dem wichtigsten Exportmarkt für Österreich, drehen sich die Anfragen hauptsächlich um Recht und Steuern, erklärt Zwettler. In der Messe-Stadt Frankfurt kommt der Außenhandelsstelle besondere Bedeutung bei der Betreuung von Messeauftritten zu. Das Auswahlverfahren für die Ausbildung zur Handelsdelegierten bezeichnet Zwettler als "rigide". Sie wurde als eine von zehn Bewerbern (davon insgesamt zwei Frauen) aufgenommen. "Es werden mehr Männer genommen, weil sich die nach wie vor zum Beispiel in arabischen Ländern leichter tun", so Zwettler. Die Argumentation, dass Frauen häufiger "ausfallen" als Männer, lässt sie nicht gelten: Das Problem, das für den Lebenspartner auftaucht, wenn der andere beruflich das Land wechselt, sei schließlich für Frauen und Männer dasselbe. Die Handelsdelegierten bleiben immer bis zu sieben Jahre in einem Land, dann wird wieder gewechselt; zwischendurch auch immer wieder für ein paar Jahre in die Zentrale nach Wien, damit der Österreichbezug nicht verloren geht.
Von der strengen Aufnahmsprüfung nicht abschrecken lassen hat sich auch Walter Friedl, der heute Handelsdelegierter in Bukarest ist. Obwohl er bei der Aufnahmsprüfung einmal durchgefallen ist, hat er sich in seinem Weg nicht beirren lassen und als Assistent bei der Außenhandelsstelle in Bogota/Columbien angheuert. Beim zweiten Versuch hat es dann auch mit der Aufnahme in den Ausbildungskurs geklappt.