Zeugnisse fälschen ist Entlassungsgrund. | Hohe Ansprüche in Stellenanzeigen verstärken Druck. | Wien. Ein USA-Urlaub, der im Lebenslauf als Auslandspraktikum ausgewiesen wird, oder ein Aushilfsjob, der zur verantwortungsvollen Tätigkeit wird - manche Bewerber sind recht erfinderisch, wenn sie eine neue Stelle bekommen wollen. Für Andrea Lehky, Pressesprecherin des Personaldienstleisters Manpower in Wien, ist ein bisschen schönfärben legitim: "Jeder will sich in seiner Bewerbung so gut wie möglich darstellen." Dies gelte aber nur, so lange die Angaben auch korrekt sind.
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Besonders oft hochgestapelt wird bei Kompetenzen, vor allem bei Sprachkenntnissen - dies fällt aber spätestens auf, wenn sich das "fließende" Englisch im Bewerbungsgespräch als stockend entpuppt. Bei Siemens Österreich, wo pro Jahr rund 15.000 Bewerbungen für Vakanzen im Bereich des Stammpersonals und bis zu 6000 Bewerbungen für Ferialjobs einlangen, werden die Kompetenzen in verschiedenen Auswahlverfahren wie Interviews, Assessment Center und Tests festgestellt.
Als Schwachstellen gelten vor allem Lücken im Lebenslauf. Zeitspannen ohne Beschäftigung sollten Bewerber allerdings nicht kommentarlos stehen lassen, rät Irene Holzbauer von der Arbeiterkammer (AK). Bewerber sollten zeigen, die Auszeit sinnvoll genutzt zu haben - für eine Weltreise oder eine Ausbildung. Auch ehrenamtliche oder unbezahlte Tätigkeiten wie Pflege eines Angehörigen und Kinderbetreuung sollten angegeben werden, weil sie von sozialer Kompetenz zeugen.
Wer hingegen auf der faulen Haut gelegen ist, sollte keine Arbeitsverhältnisse erfinden - denn Referenzchecks bei früheren Dienstgebern lässt die Schummelei schnell auffliegen. "Arbeitslosigkeit ist für einen Bewerber kein Nachteil, solange die vorherige berufliche Erfahrung stimmt", sagt Karl Lang, Leiter der Konzernpersonalentwicklung bei Siemens Österreich.
"Nicht zu ehrlich sein"
Um nicht zu sprunghaft zu wirken, wollen viele Bewerber mit schnell wechselnden, kurzen Dienstverhältnissen ihren Lebenslauf frisieren. Statt jede Stelle einzeln aufzuführen, rät Holzbauer, den Zeitraum pauschal beispielsweise mit "Angestellte im Handel" zu umschreiben. Siemens verlangt hingegen, alle Dienstgeber aufzulisten. "Die Bewerber sollten in dem Fall anführen, wieso es zur Trennung kam", sagt Lang. Mit Ehrlichkeit könne man hier durchaus punkten. "Am besten ist es, die Wahrheit hinzuschreiben und sich eine gute Antwort auf Nachfragen zurechtzulegen", meint auch Lehky.
Heikel wird es bei Vorstrafen und Krankheiten. "Drogen- oder Alkoholsucht sowie chronische Krankheiten müssen nicht angegeben werden, außer sie haben eine Auswirkung auf die Tätigkeit", sagt Holzbauer. So wäre zum Beispiel ein drogensüchtiger Pilot ein Risiko. Auch Vorstrafen müssen nicht angeführt werden, wenn sie nichts mit der Tätigkeit zu tun haben. Ein Wertpapiervermittler, der wegen Betrug verurteilt würde, müsse dies aber sehr wohl angeben. Holzbauer rät, in diesen Fällen nicht zu ehrlich zu sein: "Denn sonst bekommt man keinen Job." Lehky meint hingegen, Bewerber sollten Krankheiten und Vorstrafen besser angeben und dies durch Vorteile wie gute Referenzen wettmachen. Siemens verlangt ein polizeiliches Führungszeugnis für bestimmte Positionen.
Schwerwiegende Folgen auch nach einer Einstellung hat hingegen Dokumentenfälschung: Ein Bewerber darf keine Abschlüsse angeben, die er nicht hat. Hat ein Mitarbeiter ein gefälschtes Zeugnis vorgelegt, ist das ein Entlassungsgrund, weil das Vertrauen verletzt wurde. Generell wird laut den Experten selten bei Zeugnissen gefälscht. So kam es bei Siemens bisher lediglich zu einem Zwischenfall, bei dem ein Mitarbeiter in der Probezeit gehen musste.
Google deckt Lügen auf
Personalisten lassen sich kaum von der Schummelei täuschen: "Tricksen wird immer schwieriger, weil jeder Bewerber gegoogelt wird", sagt Lehky. Wer offensichtlich seinen Lebenslauf frisiert hat, wird nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Beim Gespräch nutzen Personalisten Stationen im Lebenslauf, um mit den Kandidaten ins Gespräch zu kommen - und fragen genau nach, welche Aufgaben der Bewerber in seinen früheren Jobs hatte. "Man bekommt ein Gefühl dafür, wo man nachhaken muss", sagt Lehky.
Bei der Generali werden die Bewerbungen genau geprüft und die Angaben mit den Zeugnissen verglichen, heißt es vom Unternehmen. Schummeln im Lebenslauf sei aber kein großes Problem, da die Bewerber ziemlich ehrlich seien.
Mit schuld am Schönfärben sind die hohen Anforderungen an die Bewerber in den Personalanzeigen, sagt Lehky: "Es werden derzeit weniger Jobs ausgeschrieben, aber die Ansprüche sind sehr hoch." Die Anforderungen würden viele potenzielle Bewerber verschrecken. "Es wird aber nicht so heiß gegessen wie gekocht", beruhigt Lehky.
Besonders jene, die schon lange auf Stellensuche sind, seien schnell entmutigt und verunsichert. "Firmen suchen aber selbstbewusste und ehrliche Bewerber, die zeigen, dass sie arbeiten wollen und kämpfen wollen", sagt Lehky.