Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Mit der Eskalation des Gaza-Konflikts nimmt in Europa der Antisemitismus zu. Was sich am Wochenende in Deutschland abspielte, war eine Schande, beängstigend viele Äußerungen in den Sozialen Medien erfüllen (auch in Österreich) den Tatbestand der Wiederbetätigung.
Die Politik schweigt dazu, ebenfalls beängstigend. Außenminister Sebastian Kurz, der nach antisemitischen Postings auf seiner Facebook-Seite die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat, ist leider nicht die Regel, sondern die rühmliche Ausnahme.
Die Innenministerin hat zwar angekündigt, den Verfassungsschutz zu reformieren, aber noch nicht erklärt, wie das aussehen soll. Organisationen wie SOS Mitmensch beklagten erst jüngst, dass die polizeilichen Schützer der Verfassung den Rechtsextremismus eher schütter behandeln und die lieb gewordene Unterscheidung zwischen linkem und rechtem Extremismus in dem Fall wenig taugt. Auch unter den extremen Linken gibt es ausreichend Antisemiten.
Die Verteidigung einer friedlichen Demokratie sollte zu den höchsten Gütern eines Staates zählen. "Wir haben die Verpflichtung, aus der grausamen nationalsozialistischen Vergangenheit zu lernen. Deshalb gilt es, die Menschenrechte zu verteidigen, die Demokratie zu stärken und den Frieden zu sichern", sagte Bundespräsident Heinz Fischer kürzlich in Linz.
Das sollte eigentlich allen Auftrag sein. Es ist schlimm genug, wenn jüdische Einrichtungen immer noch von der Polizei bewacht werden müssen. Wie groß wäre wohl der Aufschrei, wenn katholische Kirchen und Schulen dermaßen gesichert werden müssten?
Den in Europa wieder ungeniert lauter werdenden Antisemitismus mit dem Gaza-Konflikt zu vermengen, ist die nächste Torheit. Auch dem müsste die Politik viel energischer Einhalt gebieten. Ja, es ist furchtbar, was im Gaza-Streifen passiert. Doch von dort wurden hunderte Raketen auf israelische Städte abgefeuert. Hamas-Terroristen bauten unter Wohnhäusern Tunnels, um in Israel einsickern und Anschläge verüben zu können. Hier sprechen wir vom Recht eines Staates, seine Bürger innerhalb der Grenzen zu schützen.
Mit dem Antisemitismus europäischer Prägung hat das im Jahr 2014 eigentlich gar nichts zu tun. Auch hier wären klärende Worte der Politik hilfreich - wie sie nun in Deutschland fielen.