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Vorsicht mit Verboten

Von Siobhán Geets

Leitartikel
© Luiza Puiu

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Mit seinem Nazi-Vergleich hat der türkische Präsident einen neuen Eskalationshöhepunkt in den Beziehungen zur EU heraufbeschworen. Recep Tayyip Erdogan wirft Deutschland Nazi-Methoden vor, wenn es Wahlkampfauftritte türkischer Politiker unterbindet. Dieser Vergleich mit dem Nationalsozialsozialismus ist verrückt. In seinem eigenen Land hat Erdogan die Meinungs- und Pressefreiheit weitgehend abgebaut. Man stelle sich zudem vor, wie es die türkische Regierung fände, würde sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel auf den Istanbuler Taksim-Platz stellen, um für Pressefreiheit und die Rechte der Kurden zu werben.

Die Regierung in Ankara will für eine Verfassungsänderung werben, die es Erdogan erlauben würde, sein Land in eine Quasi-Diktatur zu verwandeln. Soll er dafür die Meinungsfreiheit in Deutschland und Österreich nutzen dürfen? Es ist verlockend, sofort laut "Nein!" zu schreien. Doch ein Verbot würde Erdogan in die Hände spielen. Er gefällt sich in der Opferrolle und mobilisiert so die Nationalisten unter den türkischstämmigen Europäern. Ein Verbot würde Vertreter aus Ankara außerdem nicht daran hindern, inoffiziell, etwa in türkischen Vereinen, für ein Ja zur Verfassungsreform zu werben.

Ein Abbruch der Gespräche mit der Türkei würde auch dem "Welt"-Journalisten Deniz Yücel und anderen Regimeopfern schaden. Ein landesweites Auftrittsverbot ginge nur durch ein Einreiseverbot für türkische Politiker - das Gegenteil einer vernünftigen, souveränen, pragmatischen Reaktion. Bisher funktionieren die türkischen Erpressungsversuche im Superwahljahr 2017 gut: Die müde wirkende Kanzlerin Merkel ist in Angststarre verfallen und hält sich mit Kritik an Erdogans Machtrausch zurück. Dieser droht immer wieder mit dem Platzen des EU-Deals - ein Albtraum im Superwahljahr 2017. Nicht nur Deutschland liegt viel daran, eine zweite Flüchtlingskrise zu verhindern.

Wie also umgehen mit Erdogans Erpressungsversuchen? Den Kommunen und Gemeinden die Wahl zu lassen, die türkischen Auftritte zu verbieten, ist eine Option, wäre aber eine Abwälzung des Problems - ein feiger Zug.

Eine gemeinsame, europäische Antwort zu finden ist am vernünftigsten - und sendet ein Signal nach innen: Immerhin in dieser Sache, könnte man dann sagen, bringt die EU eine gemeinsame Linie zustande.