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Vorwärts, Comandante!

Von WZ-Korrespondentin Michaela Sivich und Konstanze Walther

Politik

Trotz der 30-Tage-Regel finden Neuwahlen nicht vor Ende April statt.


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Caracas. Tausende von Chávez-Anhängern begleiteten, den mit der Flagge Venezuelas bedeckten Sarg mit dem Leichnam des "Comandante" Hugo Chávez. In einem fünfstündigen Trauerzug, angeführt vom Vizepräsidenten Nicolás Maduro sowie dem bolivarianischen Staatschef Evo Morales, wurde Chávez vom Militär Spital zur Aufbahrung in der Militärakademie überstellt.

Viele "Chavistas" hielten mit Tränen in den Augen Plakate mit dem Konterfei des "Maximo Liders" in die Höhe "Pa’lante comandante" (Vorwärts Comandante). "Er hat mir ein Haus und Medizin gegeben", erzählt eine Bewohnerin eines Elendsviertels Caracas, eine andere meint, "er ist für uns gestorben." Einig sind sich alle Trauenden: "Amor con amor se paga" ("Liebe wird mit Liebe bezahlt"), ein Slogan von Chávez aus dem Präsidentschaftswahlkampf 2012. Bis zu neun Stunden in der Warteschlange nahmen sie in Kauf, um sich am offenen Sarg von ihrem Präsidenten zu verabschieden.

Nun ist eine siebentägige Staatstrauer für den "Comandante" angeordnet. Am Freitag beginnt die offizielle Trauerzeremonie mit zahlreichen Staats- und Regierungschefs (unter anderem haben sich die Staatschefs Irans und Weißrusslands angekündigt). Anschließend soll Chavez beigesetzt werden.
Es heißt, dass jeder Tag, der für Neuwahlen abgewartet wird, in die Hände der Opposition spielt – aufgrund des nicht eben charismatischen Wunschkandidaten von Chávez, Nicolás Maduro.

Der Oppositions-Kandidat Henrique Capriles hatte bei der vergangenen Wahl im Oktober 2012 gegen den damals omnipräsenten Chávez immerhin mit 44 Prozent ein beachtliches Ergebnis einfahren können. Dazu mehren sich Gerüchte, Chávez sei nicht am Dienstag gestorben, sondern womöglich das Wochenende davor, vielleicht sogar schon in Kuba, meint die spanische Zeitung ABC. Wie auch immer: mit dem Text der Verfassung wird im Moment der Staatstrauer offenbar großzügig umgegangen. Denn laut Konstitution müssen nach dem Ableben des Präsidenten binnen 30 Tagen Neuwahlen abgehalten werden. Nach Angaben von Chávez’ Partei PSUV sowie des Oppositionsbündnisses MUD werden aufgrund des hochtechnisierten Wahlablaufs und den damit verbundenen Kontrollen vor dem Wahltag, die Wahlen aber nicht vor Ende April/Anfang Mai angesetzt werden.

Außerdem sollte laut Verfassung der Präsident des Parlaments (und Parteigänger Chávez’) Diosdado Cabello, die Amtsgeschäfte bis zu den Neuwahlen führen. Chávez Partei hat sich aber auf den Präsidentschaftsanwärter und jetzigen Vize Maduro als Interimsführer geeinigt. Ein Schachzug, um die Chavistas gar nicht erst zu verwirren, urteilt die kolumbianische Zeitung "El Tiempo"