Zum Hauptinhalt springen

Vorweihnachtliches Pflegepaket geschnürt

Von Karl Ettinger

Politik

Koalition segnet Pflegebonus mit Einschränkung und Extra-Urlaubswoche ab 43 Jahren ab. Krankengeld wird erhöht.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 1 Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der Christbaum steht schon länger im Foyer der Hofburg. Dort halten die Parlamentarier bis Donnerstag ihre letzte Sitzungen im Ausweichquartier ab, bevor im Jänner die Rückkehr in das generalsanierte historische Parlamentsgebäude am Ring erfolgt.

Rund 30 Gesetzespakete muss die Koalition an den drei Sitzungstagen des Nationalrats in dieser Woche noch in festliche Worte einpacken und rechtzeitig vor Weihnachten losschicken, damit sie ab kommenden Jahr zum Tragen kommen. Die Gehaltserhöhung für den öffentlichen Dienst war schon am Dienstag dran. Am Mittwoch folgte unter anderen ein Pflegepaket, das als zweiter Teil der Pflegereform allerdings etwas kleiner als erwartet ausgefallen ist. Am Donnerstag geht es um die herbeigesehnte Reform des Maßnahmenvollzugs der Justiz.

Der Pflegebonus ist wie Geschenke für Kinder unterm Christbaum von manchen ersehnt worden. 1.500 Euro Pflegebonus waren eines der Versprechen der ÖVP schon vor der Nationalratswahl 2019. Die Obfrau des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec, machte sich besonders dafür stark, um die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen durch Angehörige zu unterstützen. Kritiker hatten und haben Einwände, weil der Betrag nicht hoch genug sei und die Pflege damit erst recht Angehörigen statt professionellen Kräften aufgebürdet werde.

1.500 Euro Bonus für Pflege daheim ab Pflegestufe vier

ÖVP-Klubobmann Sozialsprecher August Wöginger hat mit Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) schon seit Mai an der gesetzlichen Verpackung gearbeitet. Der erste Teil der Reform wird als Pflegebonus für Pflegekräfte und Heimhelferinnen schon mit dem Dezembergehalt in Höhe von 2.000 Euro brutto zusätzlich an rund 150.000 Beschäftigte in Österreich ausbezahlt.

Jetzt mussten ÖVP und Grüne Abstriche und Einschränkungen machen: Der Pflegebonus für Angehörige, die pflegebedürftige Menschen daheim betreuen, gilt erst ab Juli 2023. Außerdem gibt es Einschränkungen. Dieser Pflegebonus wird nur an Angehörige bezahlt, wenn die betreute Person seit mindestens einem Jahr im gemeinsamen Haushalt lebt.

Weiters muss der Hilfsbedürftige Pflegegeld ab der Stufe 4 oder in der Stufe 5, 6, 7 beziehen. Das bedeutet, es muss ein hoher Pflegebedarf gegeben sein. Die meisten der rund 460.000 Bezieher erhalten Pflegegeld in den Stufen 1 bis 3. Daher wird geschätzt, dass eine Größenordnung von 50.000 bis 75.000 Menschen den Pflegebonus für Pflege daheim in Anspruch nehmen können.

Schließlich ist der 1.500-Euro-Pflegebonus für Angehörige auch daran gebunden, dass das eigene monatliche Durchschnittseinkommen 1.500 Euro netto im Monat nicht übersteigt. Allerdings können nach dem Gesetzesantrag der Koalition auch Pensionisten einen 1.500-Euro-Pflegebonus erhalten, wenn sie Angehörige daheim pflegen. Der Bonus wird nicht auf die Sozialhilfe angerechnet und ist auch nicht pfändbar. Für 2023 wird der halbe Pflegebonus in Höhe von 750 Euro ausbezahlt, 2024 dann in voller Höhe von 1.500 Euro. Für 2025 ist eine Valorisierung, also eine Anpassung an die Teuerung, vorgesehen.

Die zweite Maßnahme in dem vorweihnachtlich geschnürten Pflegepaket vom Mittwoch sieht die Einführung einer sechsten Urlaubswoche für Beschäftigte in der Gesundheits- und Krankenpflege vor. Erstmals muss diese zusätzliche Urlaubswoche ab jenem Kalenderjahr gewährt werden, in dem betroffene Beschäftigte das 43. Lebensjahr vollenden.

Allerdings gibt es eine Übergangsregelung. Damit Arbeitgeber ausreichend Zeit für eine Umstellung haben, ist bis einschließlich 2026 eine finanzielle Abgeltung der Entlastungswoche erlaubt. Die Übergangsregelung könnte häufiger zum Tragen kommen, weil im Gesundheits- und Pflegebereich akuter Personalmangel herrscht. Damit werden auch Beschäftigte, die älter als 43 Jahre sind, dringend gebraucht.

Grundsätzlich ist die Maßnahme zur Entlastung älterer Pflegekräfte gedacht, damit diese nicht in andere Berufe wechseln. Außerdem erhalten Pflegekräfte, die in Pflegeheimen Nachtdienste verrichten, dafür künftig ein Zeitguthaben von zwei Stunden. Gleichzeitig wird durch eine Änderung des Nachtschwerarbeitsgesetzes der fällige Beitrag der Arbeitgeber für die Nachtdienstzeiten eingefroren. Dieser bleibt bei 3,8 Prozent des Bruttolohns, womit der Pensionsversicherung in Summe laut den Gesetzeserläuterungen gut 15 Millionen Euro an Einnahmen entgehen werden.

Der Pensionistenverband mit dem Präsidenten Ex-SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka an der Spitze ist wegen der Einschränkungen beim Pflegebonus für Angehörige fuchsteufelswild. So bekomme beispielsweise eine Tochter, die in einer Stadt gleich in der Nähe des Angehörigen wohnt, den 1.500-Euro-Bonus nicht.

Krankengeld steigt wegen Teuerung kräftiger

Eine andere Sozialmaßnahme wurde hingegen bereits Dienstagabend beschlossen. Die Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) erhöht 2023 sowohl das Krankengeld als auch die Kostenzuschüsse für die 7,4 Millionen Versicherten. Die Kostenzuschüsse werden nicht nur um den üblichen Anpassungsfaktor aufgestockt, sondern zusätzlich drei Prozent als Vorleistung draufgeschlagen. Das Krankengeld wird - auf Wunsch der Bundesregierung - einmalig um 5,8 Prozent angehoben, mit maximalen Kosten von rund 12 Millionen Euro.

Auf andere ebenfalls schon länger sehnlich erwartete Reformpakte müssen die Menschen noch warten. Verfassungs- und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sieht zumindest die Verhandlungen über ein strengeres Recht gegen Korruption "vor dem Abschluss", wie sie in der Fragestunde des Nationalrats darlegte. Auf das Ende des Amtsgeheimnisses heißt es noch länger warten. Edtstadler erwartet den Gesetzesentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz aber noch in dieser Legislaturperiode vor der Nationalratswahl 2024.