)
Vizepremier will baldige Abstimmung im Parlament. | Budapest lockt ungarische Minderheiten mit Wahlrechtsreform.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Bratislava. Der Vorstoß des slowakischen Vizepremiers Jan Figel ließ in Bratislava wie in Budapest aufhorchen. "Wir sind in der Koalition so weit, dass wir bald im Nationalrat über die Neuregelung von Doppelstaatsbürgerschaften abstimmen lassen", sagte der Politiker nach einer Sitzung des Koalitionsrats.
Das Thema beschäftigt die Mitte-Rechts-Regierung seit einem guten halben Jahr. Die Koalition will die Missstände beseitigen, welche aus ihrer Sicht die jüngste Novelle des Staatsbürgerrechts gebracht hat, die im vorigen Sommer noch unter der Ägide von Ex-Premier Robert Fico und auch mit einigen Stimmen aus Jan Figels christdemokratischer KDH verabschiedet wurde. Derzeit verlieren Slowaken ihren Pass automatisch, sobald sie eine neue Staatsangehörigkeit erhalten. Damit konterte die Fico-Regierung einen Beschluss des Parlaments in Budapest, wonach außerhalb Ungarns lebende Angehörige ungarischsprachiger Minderheiten den ungarischen Pass beantragen können.
Die Änderungen unter Fico gehen inzwischen allen Koalitionären zu weit. Allerdings gab es bisher keine Einigkeit über mögliche Zugeständnisse. Most-Hid zufolge, die für eine Verständigung aller in der Slowakei lebenden Ethnien wirbt, könne niemandem gegen seinen Willen die Staatsbürgerschaft aberkannt werden. Die anderen Regierungsparteien hingegen wollen Doppelstaatsangehörigkeiten nur dann zulassen, wenn ein Slowake schon lange Jahre in einem anderen Land lebt oder arbeitet oder dort auf enge familiäre Bindungen verweisen kann.
In Budapest wird die Debatte mit Spannung verfolgt. Denn im Herbst steht die Reform des ungarischen Wahlrechts an. Schon bei den nächsten Parlamentswahlen 2014 sollen im Ausland lebende Personen mit ungarischem Pass ein aktives und passives Wahlrecht haben. Nach Schätzungen der rechtskonservativen Regierung von Viktor Orban werden bis dahin rund 700.000 Menschen die ungarische Staatsbürgerschaft beantragen. Sie würden dann gut ein Zehntel aller ungarischen Wähler stellen.
Dabei wird stillschweigend vorausgesetzt, dass diese Neu-Wähler mehrheitlich für die Orban-Partei Fidesz stimmen würden, wenngleich Soziologen betonen, dass die Angehörigen der ungarischen Minderheit in der Slowakei politisch überwiegend nach links tendieren.
Die Ungarn lehnen die Pläne der Regierung mehrheitlich ab. Immerhin zwei Drittel der Fidesz-Anhänger sind dagegen, dass Auslandsungarn über ihr politisches Schicksal mitbestimmen, bei den politisch links orientierten Ungarn sind es sogar 95 Prozent.