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Franz Voves kann es nicht lassen. Anlässlich seines 60. Geburtstages entschied er sich, seiner Partei, der SPÖ, größeren Reformeifer zu empfehlen - und ihre organisatorische Effizienz zu hinterfragen. Mit guten Argumenten.
Die Süffisanz, mit der Wiens SP-Landesparteisekretär darauf reagierte, unterstreicht die Richtigkeit der Ausführungen des steirischen Landeshauptmanns. Und zeigt auch, wie zerstritten die Kanzler-Partei derzeit agiert.
Schon die Bundesheer-Abstimmung zeigte die Uneinheitlichkeit. Wer so unvorbereitet in die Volksbefragung stolperte, konnte nur verlieren. Die offene Gegenposition Burgstallers in Salzburg, und die stille von Voves zeigten, dass die SPÖ nicht einmal versucht hatte, eine gemeinsame Position zu erreichen. Das Gewinner-Image war damit auch weg.
Dann war es erneut Voves, der als erster SP-Spitzenfunktionär laut vor einer Dreierkoalition aus ÖVP/FPÖ/Stronach nach der Nationalratswahl Ende September warnte - Parteifunktionäre waren für den Motivationsschub dankbar.
Wenn Voves nun die Öffnung seiner Partei fordert und die dazugehörige steirische Parteireform ausgerechnet am 1. Mai präsentiert, sollten in der SPÖ-Zentrale die Alarmglocken klingeln. Er macht damit dem "Hochamt" in Wien Konkurrenz - und das wird medial dagegen alt aussehen.
Die geringe Bereitschaft, sich zu wandeln, teilt die SPÖ wohl mit ihrem Dauer-Regierungspartner ÖVP. Doch die Volkspartei will das Bundeskanzleramt zurückerobern, das gibt ihr einen offensiveren Charakter. Die SPÖ will die Nummer-1-Position verteidigen - dafür tut sie allerdings derzeit wenig.
In der Bildungspolitik ist die Gewerkschaft längst dazu übergegangen, Auswege innerhalb der Sozialpartnerschaft zu suchen (etwa beim qualitativen Pflichtschulabschluss). Die SPÖ selbst steckt hier im Grabenkampf mit der ÖVP fest. In der Sozialpolitik steht sie vor mehr als 400.000 Arbeitslosen. Das mag im EU-Vergleich ein guter Wert sein, in Österreich wird dies der SPÖ wohl auf der Soll-Seite angerechnet.
Dass es Pröll in Niederösterreich geschafft hat, viele Künstler und Intellektuelle für sein Personenkomitee zu bekommen, zeigt, dass die SPÖ auch für diese Gruppe unattraktiv geworden ist. Die SPÖ ist also beim Thema "Parteiöffnung" hinter Kreisky zurückgefallen. Allein das ist Beweis genug, dass Voves recht hat.