Kommenden Mittwoch beginnt der Nationalrat seine Herbstarbeit. Schon die erste Sitzung verspricht einen Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition. Während ÖVP und FPÖ die Rolle der SPÖ in der Frage der Sanktionen eingehend behandelt wissen wollen, bringt die SPÖ einen Misstrauensantrag gegen Justizminister Böhmdorfer ein und forderte den Beschluss einer höheren Pendlerpauschale und eines Heizkostenzuschusses, der über die Sozialversicherungsträger "ohne Antrag" ausbezahlt werden soll.
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"Man kann aus einem Aquarium eine Fischsuppe machen, aber aus einer Fischsuppe kein Aquarium", begründete ÖVP-Klubobmann Andreas Khol gestern die Forderung von ÖVP und FPÖ nach einer umfassenden Aufarbeitung der Rolle der SPÖ im Zusammenhang mit den Sanktionen. Ein Neuanfang in der Außenpolitik sei erst möglich, wenn reiner Tisch gemacht worden sei. Wissen wollen die Koalitionspartner von der SPÖ, ob etwa der frühere Bundeskanzler Viktor Klima andere Regierungschefs vor der Regierungsbildung zwischen ÖVP und FPÖ um Hilfe gebeten habe. Man werde jedenfalls dem "Umfunktionierungsversuch Widerstand leisten".
SPÖ-Misstrauensantrag gegen Böhmdorfer
Mit "Umfunktionierungsversuch meint Khol den von der SPÖ angekündigten Misstrauensantrag gegen Justizminister Dieter Böhmdorfer. Durch Böhmdorfer sei die Unabhängigkeit der Justiz nicht mehr garantiert, begründete der geschäftsführende SPÖ-Klubchef Peter Kostelka gestern den Misstrauensantrag. Um "politische Mitbewerber zum Schweigen zu bringen", habe der Justizminister eine Klageflut eingeleitet: "Ein Justizminister, der recherchierenden Journalisten die Staatspolizei ins Haus schickt, ist in Österreich nicht tragbar." Er habe sogar gehört, dass Böhmdorfer den Weisenbericht selbst zum Gegenstand eines Medienverfahrens machen wolle. Außerdem werde - wie ihm, Kostelka anonym mitgeteilt worden sei - im Justizministerium eine Telefonüberwachung geplant, die auf bestimmte Worte reagiert. Mit dem Weisenbericht habe man ein Attest, dass der Justizminister nicht in der Lage sei, die Grundwerte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu wahren, sagte Kostelka. Die Grünen wollen den Misstrauensantrag unterstützen.
"Ein Politiker soll nicht auf jeden Unsinn oder jedes Gerücht reinfallen", erklärte der Justizminister zu den Vorwürfen Kostelkas (Weisenbericht, Telefonüberwachung). "In gewisser Weise stimmen" würde hingegen der "profil"-Bericht, wonach Böhmdorfer die Staatspolizei eingeschaltet habe, weil ein "profil"-Fotograf bei seiner Wohnung Fotos gemacht habe, erklärte sein Pressesprecher Marc Zimmermann.
Böhmdorfer sieht dem Misstrauensantrag gelassen entgegen.
Heizkostenzuschuss: Sechs Mal 500 Schilling gefordert
Zum Inhalt der Aktuellen Stunde will die SPÖ am Mittwoch den Heizkostenzuschuss und die Erhöhung der Pendlerpauschale um ein Drittel machen.
Er forderte ÖVP und FPÖ auf, die diesbezüglichen SPÖ-Anträge mitzutragen. Die Ölpreiserhöhungen verursachten für Arbeitnehmer Mehrkosten von 14 Mrd. Schilling. Der Finanzminister lukriere Mehreinnahmen von etwa 2 Mrd. Schilling. Damit sollte den etwa 480.000 Personen mit niedrigem Einkommen bei den Heizkosten schnell geholfen werden und die Pendlerpauschale um ein Drittel erhöht werden, fordert die SPÖ.
Gegen die Auszahlung eines Heizölzuschusses an Sozialhilfeempfänger auf Antrag, wie von der Regierung geplant, wandte sich Kostelka entschieden. Denn Sozialhilfe gebe es nur in fünf Bundesländern. Außerdem wisse eine 90jährige Mindestrentnerin wahrscheinlich gar nichts von dazu notwendigen Antragsformularen und sie müsste zum Sozialamt gehen. Die SPÖ fordert dagegen ein Modell, das auch schon in den 80er und 90er Jahren bei Heizkostenzuschüssen angewendet wurde. Demnach sollen die Sozialversicherungsträger drei Mal 500 Schilling monatlich ab Jänner für Oktober, November und Dezember auszahlen. Ab April wieder drei Mal monatlich je 500 Schilling für die Monate Jänner, Februar und März. Sollten die Ölpreise sinken, könnte man in der zweiten Tranche die Zuschüsse reduzieren. Angesichts der hohen Inflationstrate (2,7 Prozent) forderte Kostelka Lohnabschlüsse bei den KV-Verhandlungen von mindestens 3,6 Prozent.