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Der Staat arbeitet gegen die steigende Einkommensungleichheit, kann diese aber nicht mehr ausgleichen.
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Wien. Die Lohnsteuerstatistik besagt, dass zwischen 2008 und 2014 die Bruttobezüge in Österreich um fast 20 Prozent gestiegen sind. Allerdings gibt es auch signifikant mehr Beschäftigte, auf die sich die Einkommen verteilen. Bleibt noch etwa die Hälfte des Anstiegs übrig, also rund zehn Prozent pro Kopf. Klingt erstmal nicht so schlecht, jedoch ist im selben Zeitraum die Inflation um etwas darüber gelegen. Und schon ist dieses dicke Plus in der Lohnsteuerstatistik zu einem realen Minus geworden.
Und dann stellt sich noch die Frage, wie sich diese Einkommen, verteilen. Hier zeigt sich seit Jahren eine wachsende Ungleichheit, auf die auch die OECD immer wieder verweist. Diese Ungleichheit kann nicht nur zu einem sozialen Problem werden, sondern auch zu einem wirtschaftlichen, denn der Konsum ist nicht konstant. Wer mehr hat, spart mehr, wer aber zuwenig verdient, kann nicht mehr konsumieren.
Österreich kommt in den OECD-Statistiken gut weg, doch auch hierzulande steigt die Ungleichheit bei Einkommen, wie auch eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts belegt. Untersucht wurde das Jahr 2010, da es im Jahr darauf eine Methodenumstellung gab und das Wifo seine Daten mit früheren Untersuchungen (bis 1987) vergleichen wollte. In der Zeitreihe zeigt sich, dass auch nach staatlicher Umverteilung die Ungleichheit in Österreich ansteigt. Und das, obwohl die redistributive Wirkung des Staates zugenommen hat. Sie kann jedoch die Einkommensunterschiede nicht mehr ausgleichen.
Keine Umverteilungdurch Steuern und Abgaben
Ausgangsbasis für die Rechnung des Wifo sind die Primäreinkommen, also die Bruttoeinkommen aus Erwerbstätigkeit und Vermögen. Bei diesen liegt das oberste Einkommenszehntel um den Faktor 26,3 über dem untersten. Doch das ist noch vor Abzug aller Steuern, Abgaben und Einrechnung von Geld- und Sachleistungen durch den Staat, von Familienförderung bis zur Mindestsicherung.
Bemerkenswert ist, dass sich in Österreich durch Steuern und Sozialabgaben die Verteilung kaum ändert. Im Gegenteil, die Ungleichheit nimmt sogar leicht zu. Grund dafür ist einerseits die Höchstbemessungsgrundlage bei der Sozialversicherung (das oberste Dezil liefert weniger Einkommensanteile an die Sozialversicherung ab), zudem sind kleinere Einkommen stärker durch die Mehrwertsteuer belastet, da der Hauptteil des Einkommens konsumiert wird, Gutverdiener dagegen, wie eingangs erwähnt, sparen können und daher anteilsmäßig weniger Konsumsteuern bezahlen.
Laut dem Wifo-Bericht beträgt die Gesamtbelastung an Steuern und Abgaben bei den untersten Einkommen 40 Prozent und bei den höchsten etwa 45. Eine wirkliche Umverteilung findet daher erst durch Geld- und Sachleistungen statt. Das Wifo hat bei Sachleistungen auch Schulbesuche, Gesundheit oder indirekte Wohnbeihilfen (gestützte Mieten) eingerechnet.
Allerdings ist es nicht so, dass nur Geringverdiener an staatlicher Umverteilung partizipieren. Sogar das oberste Zehntel erhält insgesamt 7,8 Prozent aller staatlichen Geld- und Sachleistungen, das oberste Drittel (siehe Grafik) rund 26 Prozent des gesamten Kuchens.
Dies wird immer wieder bemängelt - Stichwort: Gießkanne -, hat allerdings auch Vorteile. Erstens wirkt es solidarisierend, wenn man von staatlichen Leistungen auch selbst profitiert, zweitens schafft es soziale Durchmischung, etwa bei Wohnen und Bildung, und drittens reduziert es Stigmatisierung von sozial schwachen Gruppen. Nur bei Arbeitslosengeld und Sozialhilfe fließt der überwiegende Teil ins unterste Einkommensdrittel (83 Prozent).
Die Ungleichheit wird dadurch deutlich abgeschwächt, es zeigt sich jedoch am Gini-Koeffizienten, der Maßzahl der Ungleichheit, dass sich dieser auch nach staatlicher Umverteilung seit 2000 um 7,8 Prozent erhöht hat. Der Ausweg? Wifo-Ökonom Alois Guger schlägt vor, den Faktor Arbeit steuerlich zu entlasten und durch weniger wachstumsschädliche Steuern auf Vermögen zu substituieren. Das würde den Konsum ankurbeln und damit auch das Wachstum. Auf Regierungsebene ist das Thema Vermögensteuer allerdings schon vor Jahren in einer Schublade verschwunden. Auf Nimmerwiedersehen?