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Wachstum verlangsamt sich 2007 weltweit

Von WZ Online

Wirtschaft

Gedämpfte Konsumnachfrage in den USA | Sparpolitik in der Euro-Zone | London. (Apa) Teures Öl, höhere Zinsen und steigende Steuern werden nach Einschätzung von Wirtschaftsexperten das robuste Wachstum in den drei großen Währungsräumen der Weltwirtschaft im kommenden Jahr etwas abbremsen. Der nachlassende Appetit auf Importe in der weltgrößten Volkswirtschaft USA sollte den Zuwachs in der Euro-Zone und Japan magerer ausfallen lassen, wie die am Dienstag veröffentlichte Reuters-Quartalsumfrage unter gut 150 Analysten ergab.


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In den Vereinigten Staaten dämpft nach den Prognosen die zweijährige Serie von Zinserhöhungen den Konsum. Neben geringeren Exporten in die USA wird dem Wachstum im Euro-Raum die Sparpolitik in Deutschland und Italien zusetzen. Großbritannien wird nach den Prognosen dagegen sein Wachstumstempo von fast zweieinhalb Prozent halten.

Als weltweiter Belastungsfaktor wird das teure Öl betrachtet. Der Preis je Barrel muss vom jetzigen Stand nur noch ein wenig auf 80 Dollar in den USA steigen, um die Volkswirte zu weiteren Abstrichen an ihren Wachstumsprognosen zu veranlassen. In der Euro-Zone sehen die Experten die Schmerzgrenze wegen des relativ hohen Euro-Dollar-Kurses bei 85 Dollar je Barrel.

Die US-Wirtschaft wird nach den Prognosen mit einer Jahresrate von 3,5 Prozent Wachstum 2006 das stärkste Plus der großen Drei verzeichnen. Für nächstes Jahr rechnen die Analysten mit nur noch 2,8 Prozent Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts."Wir beobachten erste Zeichen von Schwäche am Arbeitsmarkt, beim Konsum und natürlich bei Immobilien", sagt Paul Kasriel von Northern Trust in Chicago.

Verantwortlich dafür sei neben den hohen Ölpreisen die straffere Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve, die den mit Niedrigzinsen entfachten Immobilienboom abkühlt. Binnen zwei Jahren hat die Fed die Bankenrefinanzierung um 4,25 Prozentpunkte verteuert. Bis September erwarten die Analysten einen letzten Schritt um 25 Basispunkte auf 5,5 Prozent. Nur ein halbes Jahr später werde die Fed wegen der schwächeren Konjunktur schon den Rückwärtsgang einlegen und den Schlüsselzins auf 5,25 Prozent ermäßigen.

Während die US-Notenbank damit bald den Zinsgipfel erreicht, kommt die Europäische Zentralbank (EZB) nach Vorhersagen der Analysten erst in Fahrt. Der schon klar signalisierten Erhöhung am 3. August wird die EZB noch zwei Schritte auf 3,5 Prozent zum Jahresende folgen lassen.

Für 2007, wenn erste Bremsspuren des teureren Geldes sichtbar werden sollten, rechnen die Analysten mit konstanten Zinsen. Nach 2,2 Prozent in diesem Jahr erwarten sie für 2007 nur noch 1,7 Prozent Wirtschaftswachstum. "Im kommenden Jahr werden ungewöhnliche Umstände zusammentreffen: weniger US-Wachstum, ein höherer Euro-Kurs, straffere Fiskalpolitik, kombiniert mit hohen Ölpreisen und gestiegenen Zinsen", sagt Ken Wattret, Volkswirt von BNP Paribas in London.

Den stärksten Einbruch befürchten die Experten für Deutschland, wo die Mehrwertsteuererhöhung den BIP-Zuwachs nach ihrer Ansicht von 1,8 Prozent 2006 auf gerade mal 1,0 Prozent 2007 drücken dürfte. Die Volkswirte sind allerdings uneinig: Skeptiker halten eine Stagnation für möglich, während Optimisten keinen großen Schaden der schon lange angekündigten Steuererhöhung erwarten. Auch in Italien, wo sich die neue Regierung zu einem kräftigen Abbau der Staatsschulden verpflichtete, werde die Fiskalpolitik dämpfen. In diesem Jahr wird das Sorgenkind der Euro-Zone mit 1,5 Prozent zwar erstmals seit fünf Jahren wieder ein Wachstum über einem Prozent genießen. "Aber kontraktive Fiskalpolitik zur gleichen Zeit wie kontraktive Geldpolitik wird zwangsläufig das Wachstum verringern", sagt Susana Garcia von der Deutschen Bank.

Die stark von Exporten in die USA abhängige japanische Wirtschaft wird nach den Prognosen ebenfalls bald einen Gang herunterschalten. 2006 werde Japan noch mit robusten 3,0 Prozent Wachstum aufwarten, im Folgejahr aber nur noch mit 2,1 Prozent. Nach Jahren der Deflation soll der Preisdruck allmählich zunehmen, doch mit Raten knapp unter einem Prozent dürfte Inflation in Japan vorerst weiter ein Fremdwort bleiben. Die Notenbank, die nach sechs Jahren ultralockerer Geldpolitik kürzlich erstmals einen Leitzins mit 0,25 Prozent setzte, dürfte vorsichtig agieren. Nur eine knappe Analysten-Mehrheit kann sich zwei kleine Schritte auf 0,75 Prozent bis Juni 2007 vorstellen.