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Spindelegger strikt gegen Militärhilfe für Rebellen
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Wien. Österreich kämpft im Syrien-Konflikt an vorderster Front - allerdings nur auf dem diplomatischen Parkett. Am Montag finden in Brüssel die entscheidenden Verhandlungen statt, ob und wie die EU-Sanktionen gegen das Bürgerkriegsland verlängert werden, und für Österreich steht einiges auf dem Spiel: Sollten sich Länder wie Großbritannien und Frankreich durchsetzen und Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen zulassen, dann ist der heimische Blauhelm-Einsatz am Golan massiv in Frage gestellt. "Die österreichischen Soldaten würden dann zur Zielscheibe", so Außenminister Michael Spindelegger bei einem Treffen mit Journalisten.
Mit einem sofortigen Abzug des heimischen Kontingents - das Bundesheer stellt 377 Soldaten und bildet damit das "Rückgrat" der UN-Mission - will der Außenminister nicht drohen, allein: "Es wäre dann für uns sehr, sehr schwierig, die Mission aufrechtzuerhalten." Spindelegger gibt zu bedenken: "Wenn wir gehen, sind 40 Jahre Erfahrung am Golan weg." Wann immer es im syrisch-israelischen Grenzland Probleme gebe, würden die Österreicher zu Rate gezogen. Das wurde von mehreren Seiten bestätigt, so der Außenminister.
Österreich macht
gegen "Falken" mobil
Vor diesem Hintergrund hat sich Österreich an die Spitze jener EU-Staaten gestellt, die eine Beibehaltung der Sanktionen gegen Syrien unbedingt fordern. Das bisherige Sanktions-Regime läuft mit 1. Juni aus, und in der Frage gilt laut EU-Verträgen Einstimmigkeit. Die Außenminister diskutieren am Montag verschiedene Varianten. So könnten die Sanktionen sechs bis zwölf Monate verlängert werden. Möglich wäre auch, dass man sich auf eine Verlängerung für einige Tage einigt, um den geplanten Syrien-Gipfel Anfang Juni in Genf nicht zu gefährden.
Die "Falken" unter den EU-Staaten wollen, dass Militärhilfe unterschiedlicher Ausprägung für die Rebellen möglich wird. Kommt es zu keiner Einigung, dann betritt Syrien und damit das Regime Bashar al-Assads den sanktionsfreien Raum: Die EU-Maßnahmen umfassen nicht nur ein Embargo gegen Offensiv-Waffen. 179 hochgestellten syrischen Funktionären ist die Einreise in die EU verwehrt, deren Konten sind gesperrt, es gibt zahlreiche Import-Export-Beschränkungen. Dass das gesamte Sanktionen-Bündel fällt, will kein EU-Land - damit ist es wahrscheinlich, dass man sich in Brüssel zu einem Kompromiss durchringen wird.
Außenminister Spindelegger betont, dass Österreich Waffenlieferungen an die Rebellen prinzipiell für "den falschen Ansatz" hält: In diesem Fall würde Russland, das Assad unterstützt, die große Syrien-Konferenz einfach platzen lassen. Zweitens würden die Bemühungen der UNO, einen Waffenstillstand zwischen den Bürgerkriegsparteien zu erreichen, "torpediert". Zudem seien Waffenlieferungen an die Rebellen nicht durch den UN-Sicherheitsrat gedeckt und es sei nicht klar, wem die Waffen dann in die Hände fielen. Immerhin kämpfe die radikalislamische Al-Nusra-Front in den Reihen der Opposition. Generell sei Österreich der Ansicht, dass es in Syrien bereits genug Waffen gebe, weitere Lieferungen einen Rüstungswettlauf in Gang setzen würden, so der Minister.
Den Hinweis der "Wiener Zeitung", dass der Krieg in Libyen letztlich nur durch militärisches Eingreifen des Westens beendet werden konnte, lässt Spindelegger nicht gelten: Im Fall Libyens sei der Einsatz durch den Sicherheitsrat abgesegnet worden und man habe es mit einer einheitlichen Opposition zu tun gehabt.
Rebellen verteidigen
Kusair verbissen
Am Freitag gab es Hinweise, wonach Syriens Regime im Prinzip bereit ist, an der geplanten großen internationalen Friedenskonferenz in Genf teilzunehmen. Ob es sich dabei um mehr als eine bloße Willensbekundung handelt, ist fraglich. Washington und Moskau wollen die Kriegsgegner an einen Tisch bringen, die Opposition ist skeptisch. Die Briten wollen verhindern, dass Assad persönlich nach Genf kommt.
Unterdessen sind die syrischen Rebellen offensichtlich in der Lage, die strategisch wichtige Stadt Al-Kusair an der libanesischen Grenze zu halten. Die bewaffnete Opposition ist in der Lage, fallweise Gegenangriffe zu starten. Zuletzt hat die Armee mit Hilfe der Hisbollah und des Iran militärische Fortschritte erzielt.
Al-Kusair wird von Assad-Anhängern belagert. Wer die Stadt kontrolliert, kontrolliert eine wichtige Versorgungsroute in den Libanon und eine Verbindungsstraße zwischen Damaskus und der Assad-loyalen Küste. Deshalb wird seit einer Woche erbittert um die Stadt gekämpft, die südlibanesische Hisbollah schickt immer neue Kämpfer. Die Opposition hat in einem dramatischen Aufruf alle ihre Anhänger aufgerufen, die Stadt zu verteidigen.