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Waffenhilfe der anderen Art

Von Ronald Schönhuber

Politik

Unter Aufsicht von US-Agenten wurden tausende Waffen an die Kartelle geliefert. | Statt einer Spur zu den Bossen gibt es nur noch mehr Tote. | Washington. Brian Terry war 40 Jahre alt und gut ausgebildet. Als Mitglied einer Spezialeinheit der US-Grenzpatrouille hatte er im Dezember 2010 in einer Peck Canyon genannten Region mexikanischen Kriminellen nachgespürt. Beim darauf folgenden Feuergefecht in der Wüste Arizonas starb Terry. Eines der vielen tausenden Opfer, die der mexikanischen Drogenkrieg gefordert hat.


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Allerdings unterscheidet sich Terrys Tod von den unzähligen anderen Morden durch ein wesentliches Detail, das dafür sorgt, dass der Fall seine Kreise mittlerweile bis hinauf in die höchste Politikebene zieht. Am Tatort wurden nämlich mehrere AK-47-Sturmgewehre gefunden, die unter ausdrücklicher Billigung des US-Büros für Alkohol, Tabak und Schusswaffen (ATF) von amerikanischen Händlern an die Strohmänner mexikanischer Drogenkartelle verkauft wurden.

Durch die Observierung dieser Verkäufe und der weiterführenden Lieferkette wollte die ATF den Drogenbossen zielsicher auf die Spur kommen. Doch die Operation "Fast and Furious" lief gründlich schief. 1765 Waffen wurden unter Aufsicht der ATF verkauft, doch die meisten davon verloren die US-Agenten schon bald aus den Augen.

Bis heute ist lediglich der Verbleib von 800 Waffen geklärt, allerdings kommt man auch hier nicht um den bitteren Beigeschmack herum. Viele der 800 Maschinenpistolen, Gewehre und Revoler wurden nämlich erst nach Gewaltverbrechen, die in Verbindung mit dem Drogenkrieg stehen, sichergestellt. Die mexikanischen Behörden gehen davon aus, dass dabei mehr als 150 Menschen getötet oder verletzt wurden.

Ausschuss macht Druck

Allerdings scheint das Problem nicht mehr ausschließlich ein mexikanisches zu sein. Immer öfter würden unter Aufsicht der ATF verkaufte Waffen auch auf Verbrechensschauplätzen in den USA auftauchen, sagte ATF-Agent John Dodson am Mittwoch vor einem Untersuchungsausschuss des US-Kongresses. Dodson hatte sich bereits während der Operation "Fast and Furious" wegen erheblicher Bedenken an seine Vorgesetzten gewandt, war aber damit abgeblitzt. Danach hatte der Agent den republikanischen Senator Charles Grassley informiert, der den Fall auf breiter Bühne publik machte.

Vor dem Ausschuss, dessen Sitzung am Mittwoch auch von der Familie des erschossenen Brian Terry verfolgt wurde, blieb Dodson mit seiner Sicht der Dinge jedenfalls nicht alleine. Auch mehrere andere ATF-Agenten erklärten, ihre Vorgesetzten vor den fatalen Folgen der Operation gewarnt zu haben. Damit bringen sie auch die obersten Ränge unter Druck. ATF-Direktor Kenneth Melson und sein Stellvertreter seien vollständig informiert gewesen und daher auch verantwortlich, sagte der republikanische Ausschussvorsitzende Darrel Issa.

Präsident Barack Obama geht da schon mal lieber in Verteidigungsstellung. Weder er noch Generalstaatsanwalt Eric Holder hätten die Operation "Fast and Furious" autorisiert.