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Waffenstillstand in Semesterferien

Von Barbara Ottawa

Wissen

Mit Ende der Woche beginnen an den Universitäten die Semesterferien und mit ihnen werden auch die Studentenproteste in eine Pause vor dem neuen Abschnitt des Studienjahres gehen. An der Uni Wien ist eine HörerInnenversammlung für Anfang März geplant und erst dann läuft auch das Ultimatum der Studierenden an den Rektor der Universität Georg Winckler zur Rücknahme des Organisationsplanes aus. In wie weit neue Protestmaßnahmen durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofes ausgelöst werden wird sich erst zeigen. An anderen Hochschulen geht es jedenfalls friedlicher zu.


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Mit dem Universitätsgesetz (UG) 02, das mit Jahresbeginn in Kraft getreten ist, wurden einige Gremien, in denen Studierende ein Mitbestimmungsrecht hatten, abgeschafft. Das Ministerium argumentiert, dass dieser Schritt zu einer Vereinfachung der Entscheidungsprozesse und einer Bereinigung der Strukturen an den Universitäten führt. Die Studierenden sehen sich um ihr Mitspracherecht gebracht und betonen, dass wichtige Entscheidungen jetzt ohne sie getroffen werden können.

In den Organisationsplänen, die jede Universität selbst erarbeitet und die dann vom Senat und vom Universitätsrat abgesegnet werden müssen, kann die Hochschule alternative Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Studierenden schaffen.

Senat hat weiter Bedenken

Genau solche Möglichkeiten seien im Organisationsplan für die Universität Wien enthalten, argumentiert Rektor Winckler. Durch eine größere Autonomie für Fakultäten könnten diese ihre innere Organisation und die Mitbestimmung in einzelnen Gremien selbst bestimmen.

Von Seiten der ÖH wird bemängelt, dass der Rektor die Studierenden zwar zu Gesprächen über den Organisationsplan eingeladen hat, diesen dann jedoch ohne Rücksicht auf die Meinung der Studierenden "durchgepeitscht" habe. Im Senat haben vier der fünf Studentenvertreter gegen den Organisationsplan gestimmt.

Alle anderen Mitglieder segneten die neue innere Struktur der Universität Wien, in der es keine Institute aber dafür mehr Fakultäten gibt, ab. In einer Stellungnahme hielt der Senat jedoch fest, dass die Effizienz der neuen Fakultätengliederung "hinterfragt werden muss" und dass "die Universitätsangehörigen in wesentlich stärkerem Ausmaß als bisher eine aktive, gestaltende Rolle in diesem Reformprozess spielen" sollen.

Die Protestmaßnahmen an der Universität Wien in den letzten Tagen sind für den stellvertretenden ÖH-Chef Ralph Schallmeiner (GRAS) nur "der Startschuss für Aktionen in Restösterreich."

Doch während er im Fall der Universität Graz Recht behalten hat - dort wurde die Inauguration der beiden neuen Rektoren für die Hauptuniversität und die Medizinische Universität durch Studierende gestört - läuft die Umstellung auf das neue Universitätsgesetz an anderen Hochschulen des Landes friedlich ab.

Lob für die WU Wien

Schallmeiner selbst nennt neben der Universität Klagenfurt vor allem die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien als positive Beispiele bei der Umstellung auf das neue Universitätsgesetz. War Rektor Christoph Badelt von etlichen Studierenden in den letzten Jahren ein "vorauseilender Gehorsam" in Sachen Universitätsautonomie vorgeworfen worden, so lobt Schallmeiner jetzt die eineinhalbjährige Evaluierungsphase als "besten Weg", auf dem vor allem die Studierenden von vornherein einbezogen worden sind.

"Natürlich hat es heftige Debatten gegeben und es waren sich nicht immer alle einig, aber wir hatten Zeit für einen Interessensausgleich und sind am Ende alle zu einem Kompromiss gekommen", so Badelt bei einer Pressekonferenz anlässlich der Eröffnung eines neuen Gebäudeteils, dem UZA 4 der WU Wien, der helfen soll den akuten Platzmangel zu lindern.

Anders sei die Situation an der WU aber auch deshalb, weil "unsere Studenten anders sind", so der Rektor. Abgesehen davon, dass die Hochschule "homogener" sei, als etwa die Universität Wien, legten die WU-Studierenden vor allem auf eine gute Ausbildung für ihre spätere Karriere wert und hätten "weniger allgemein gesellschaftspolitische Interessen", erläuterte Badelt. Somit sei es etwas leichter gewesen, ein Einvernehmen mit der Studentenschaft zu finden.

Die WU Wien will sich in einem nächsten Schritt vor allem auf die völlige Umstellung auf das dreigliedrige Studiensystem Bakkalaureat, Master und Doktorat konzentrieren, die für 2006 angesetzt ist. Der Hauptteil der Studierenden soll dann in den Bakkalaureatsstudiengängen konzentriert werden.

Die Forderung der Protestierenden nach einer Aufhebung des Bologna-Prozesses sieht Badelt völlig fehlgeleitet. Gerade die Europäisierung der Studien schaffe bessere Chancen für alle auf einem viel größeren Arbeitsmarkt. Die immer wieder vorgebrachte Befürchtung, dass das Universitätsgesetz und die darin ausgeweitete Drittmittelfinanzierung von Hochschulprojekten zu einer zu starken Beeinflussung der Bildung durch die Wirtschaft führt, teilt Badelt nicht. "Das ist solange kein Problem, solange die öffentliche Hand ihre gesellschaftspolitische Verpflichtung wahrnimmt, ein Grundstudium zu finanzieren. Wir sind deshalb keine Privatuni und wollen keine werden", sagte Rektor Badelt auf Anfrage der "Wiener Zeitung".

Protest gegen Gesamtpaket

Im Fadenkreuz der Protestaktionen an der Universität Wien und in Graz steht eigentlich das gesamte UG 02 mitsamt den darin festgeschriebenen Studiengebühren. Dieses sei jetzt nicht mehr zurückzunehmen, betonen einige Studentenvertreter, wie etwa die AG. Die an den Protestaktionen beteiligten Studenten sind anderer Ansicht, sie hoffen, das ganze UG zu kippen, auch an den Universitäten in Innsbruck - wo auch etliche Universitätsangehörige die Proteste unterstützen - und in Salzburg.

Für Freitag ist vom Universitätsrat der Universität Wien - der die Einschränkung Mitbestimmung ebenfalls für "nachteilig" hält - ein Hearing zum Organisationsplan angesetzt. Unterdessen wollen die Studentenvertreter über das Angebot Wincklers nachdenken, den ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Ludwig Adamovich als Vermittler einzusetzen. Er selbst betont, dass eine Vermittlung nur dann Sinn hat, wenn beide Seiten das wollen.