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Wahabiten-Krieg gegen die Demokratiebewegung

Von Thomas Schmidinger

Gastkommentare

Die saudische Militärintervention in Bahrain ist nicht nur eine Kriegserklärung gegen die Demokratiebewegungen in der arabischen Welt, sondern droht auch zu einer Konfessionalisierung der Konflikte zu führen. Der Wahabismus, jene extrem puritanische Strömung des sunnitischen Islam, die in Saudi-Arabien als alleinige Staatsreligion fungiert, zeichnet sich durch ein besonderes Problem mit Vielfalt innerhalb des Islam aus. Wer nicht selbst Wahabit ist, gilt rasch als Apostat. Heiligenverehrung oder andere Formen der islamischen Volksfrömmigkeit werden als schirk, als Polytheismus, verurteilt. Als besonders verwerflich gelten den Wahabiten dabei die Schiiten mit ihrer Verehrung für die Familie des Propheten und der Imame.


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Während Gruppen in der ideologischen Tradition des Wahabismus nach 2003 im Irak mit Terroranschlägen auf schiitische Heiligtümer und religiöse Feierlichkeiten einen Bürgerkrieg herbeibomben konnten, beschränkte sich der saudische Staats-Wahabismus bisher auf die Unterdrückung der schiitischen Minderheit in den östlichen Landesteilen am Golf.

Auch in Bahrain wird die schiitische Mehrheitsbevölkerung seit Jahrzehnten von einer kleinen sunnitischen Elite unterdrückt. Die Schiiten stellen die armen Bevölkerungsschichten und wurden lange Zeit vom Zugang zu Bildung und Aufstiegsmöglichkeiten ferngehalten. Dabei ist es allerdings keineswegs nur die schiitische Bevölkerung, die gegen das autoritäre Regime der al-Khalifa-Dynastie rebelliert. Auch fortschrittliche und demokratische Sunniten gingen auf die Straße und wurden in den vergangenen Wochen ebenso Opfer massiver - und teilweise tödlicher - Repression wie schiitische Demonstranten. Bis jetzt wurden in Bahrain Parolen für Demokratie und Menschenrechte gerufen und nicht gegen Sunniten oder für eine schiitische islamische Revolution.

Die saudische Intervention zu Gunsten der bahrainischen Herrscherfamilie könnte dies allerdings ändern. Die Unterdrückung der Proteste im eigenen Land, die ebenfalls vor allem im schiitischen Landesteil al-Hasa stattfinden, könnte zu einer Konfessionalisierung der Konflikte in der Golfregion beitragen. Eine solche Entwicklung wäre doppelt brisant, da auch die saudische Erdölförderung in al-Hasa stattfindet, die Gewinne jedoch fast ausschließlich in die Taschen des wahabitisch-sunnitischen Königshauses und dessen Herkunftsregion Najd fließen.

Sowohl Bahrain, wo die USA einen ihrer wichtigsten Luftwaffen- und Flottenstützpunkte unterhalten, als auch Saudi-Arabien gelten ungeachtet ihrer autoritären Systeme als enge Verbündete des ölabhängigen Westens, der zudem einen möglichen iranischen Einfluss fürchtet. Ist deshalb so wenig Kritik an diesem Krieg gegen die Demokratiebewegung zu hören?