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Asuncion - Seit 49 Jahren ist Paraguays Colorado-Partei ununterbrochen an der Macht: Die Bilanz ist verheerend. Dennoch wird sie die Präsidentenwahl am kommenden Sonntag voraussichtlich wieder gewinnen. Colorado-Kandidat Nicanor Duarte Frutos hätte damit ein schweres Erbe anzutreten.
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Umfragen zufolge kann Nicanor von der Colorado-Partei mit bis zu zwölf Prozentpunkten Vorsprung vor seinem engsten Rivalen rechnen. "Wir werden siegen, weil unsere Partei groß und stark und die Opposition schlecht ist", sagte der frühere Bildungsminister. "Und nach meiner Regierungszeit wird die Colorado-Partei noch weitere 100 Jahre an der Macht bleiben", fügt Nicanor ohne Ironie hinzu.
Dabei war der scheidende Colorado-Präsident Luis Gonzalez Macchi selbst nach Ansicht Nicanors eine Katastrophe. Mehr als 30 Prozent der Bevölkerung leben in Armut, die Arbeitslosigkeit wird auf 25 Prozent geschätzt, die Wirtschaft schrumpfte vergangenes Jahr um 4,4 Prozent und der aufgeblasene Staatsapparat verschlingt allein für die Gehälter 130 Prozent der Steuereinnahmen. "Wir werden die Wirtschaft ankurbeln und die Steuereinnahmen erhöhen, aber niemanden entlassen", verspricht Nicanor. Er muss die Beamten schonen, sonst könnten sie doch noch zur Opposition überlaufen.
Der Opposition ist es unterdessen wieder nicht gelungen, sich zusammenzuraufen und so einen Regierungswechsel zu erzwingen. Rein rechnerisch würde es allemal reichen. Der Finanzunternehmer Pedro Fadul mit seiner erst ein Jahr alten, katholisch-konservativen Bewegung "Patria Querida" (Geliebtes Vaterland) liegt bei knapp 24 Prozent und Yoyito Franco von der 115 Jahre alten Liberalen Partei sagen die Umfragen 22 Prozent voraus.
Das Angebot Francos, per Umfrage zu ermitteln, wer als gemeinsamer Kandidat der Opposition antreten solle, lehnte Fadul jedoch kurz vor der Wahl ab. "Unsere Bewegung ist stark und hat schon viele Colorados und Liberale angezogen. Wir werden sowieso gewinnen", gibt sich Fadul zuversichtlich.
Der alternative Nobelpreisträger Martin Almara macht sich keine großen Hoffnungen. "Die Demokratie Paraguays ist nur eine Fassade, denn keiner schert sich um die Verfassung", klagt Almara, der während der Diktatur von Alfredo Stroessner im Gefängnis gefoltert wurde. Die Polizei sei so schlimm wie früher, die Justiz parteiisch und alles, sogar ein Parlamentssitz, käuflich. "Hier wird Demokratie mit Korruption verwechselt", zürnt der alte Mann. Wenn auch die nächste Colorado-Regierung keine Besserung bringe, drohe ein Rückfall in die Diktatur. Als starker Mann wartet schon der Putsch-General Lino Oviedo im brasilianischen Exil.