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Wahl im Libanon verschoben

Von WZ-Korrespondent Markus Bickel

Politik

Neuer Wahltermin ist der 23. Oktober. | Erste Anzeichen für eine Annäherung beider Lager. | Beirut. Die libanesischen Präsidentenwahlen sind auf den 23. Oktober verschoben worden. Das gab Vize-Parlamentspräsident Farid Makari am Dienstag bekannt, nachdem weniger als 85 der 128 Abgeordneten zur Sitzung im Parlament erschienen waren. Die libanesische Verfassung sieht für den ersten Wahlgang ein Quorum von zwei Dritteln aller Parlamentarier vor. Neben den 68 Angehörigen des Regierungsbündnisses um Ministerpräsident Fouad Siniora waren auch acht Abgeordnete der Opposition im Plenum vertreten. Diplomaten werteten das als Zeichen der Annäherung zwischen den seit über einem Jahr in einen erbitterten Machtkampf verstrickten politischen Blöcke.


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Die Parlamentarier der wichtigsten Oppositionspartei, der von Generalsekretär Hassan Nasrallah geführten schiitischen Hisbollah boykottierten die Sitzung ebenso wie die Abgeordneten des Hisbollah-Verbündeten Michel Aoun von der Freien Patriotischen Bewegung (FPM). Der 72-jährige Aoun ist der Oppositionskandidat für die Nachfolge des amtierenden Präsidenten Emile Lahoud. Dessen Amtszeit läuft am 24. November aus.

Sollten sich Regierungsmehrheit und Opposition bis dahin nicht auf einen Konsenskandidaten einigen, der zwei Drittel der Stimmen auf sich vereint, hat das von den USA und der EU unterstützte Regierungsbündnis damit gedroht, einen ihrer Kandidaten mit einfacher Mehrheit zu wählen. Die von Saad Hariri, dem Sohn des 2005 ermordeten langjährigen Ministerpräsidenten Rafik Hariri, geführte Regierungsmehrheit hat sich bislang allerdings nicht hinter einem zugkräftigen Kandidaten vereint.

Neben Nassib Lahoud, dem Cousin des prosyrischen amtierenden Präsidenten und früheren libanesischen Botschafter in den USA, kandidieren der Abgeordnete und Rechtsanwalt Boutros Harb, der Parlamentarier Robert Ghanem sowie Justizminister Charles Rizk. Seit dem Ende der französischen Mandatszeit 1943 ist der libanesische Präsident traditionell ein maronitischer Christ.

Als Konsenskandidaten sind der derzeitige Oberbefehlshaber der libanesischen Armee, Michel Sleiman, sowie der Zentralbankchef Riad Salameh im Gespräch. Bis zur nächsten Sitzung des Parlaments am Ende des Fastenmonats Ramadan dürften Opposition und Regierungsmehrheit darum bemüht sein, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der der Opposition angehörende Parlamentspräsident und Amal-Chef Nabih Berri traf aus diesem Grund am Dienstag bereits zweimal mit dem Mehrheitsführer Hariri zusammen. Sollten sich beide Seiten nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, droht dem Land eine Spaltung wie in der Schlussphase des Bürgerkrieges zwischen 1988 und 1990.