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Wahl im Zeichen des Namensstreits

Von WZ-Korrespondent Christian Wehrschütz

Europaarchiv

Themen: Europa und Nationalismus. | Gewalt hemmt Beitrittsgespräche. | Skopje. Anfang April scheiterte beim NATO-Gipfel in Bukarest die Einladung Mazedoniens zum Beitritt am Veto Griechenlands. Grund dafür ist der fast 20 Jahre alte Streit zwischen Athen und Skopje um den Staatsnamen Mazedoniens. In dieser Auseinandersetzung präsentierte sich der konservative Ministerpräsident Nikola Gruevski als kompromissloser Kämpfer für die mazedonische Sache. Davon und von der vermeintlichen Schwäche der Opposition hofft Gruevski am Sonntag bei den vorgezogenen Parlamentswahlen zu profitieren, die er selbst veranlasst hat.


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Um die Stimmen der 1,8 Millionen Wahlberechtigten werben 18 Parteien und Wahlbündnisse. Zu vergeben sind 120 Mandate, die in sechs Wahlkreisen gewählt werden. Wirklich eine Rolle spielen nur vier Parteien. Bei der mazedonischen Mehrheitsbevölkerung sind dies die regierenden Konservativen und die oppositionellen Sozialdemokraten. Bei der 25 Prozent zählenden albanischen Volksgruppe sind es die mitregierende DPA und die oppositionelle Partei DUI, die im Jahre 2001 aus der albanischen Freischärlerbewegung hervorgegangen ist.

Die Wiedergeburt fortsetzen lautet das Wahlkampfmotto der konservativen Regierungspartei VMRO-DPMNE, wobei der Zungenbrecher als Parteiname auf die revolutionäre Tradition der Konservativen aus dem 19. Jahrhundert verweist. Nach Darstellung der Konservativen besteht die eingeleitete Wiedergeburt im Kampf gegen Korruption und Kriminalität, in einer verstärkten Reform des Gerichtswesens und in einer Steuerreform, die Mazedonien den niedrigsten Rahmensteuersatz in ganz Europa und einen Zustrom ausländischer Investoren gebracht habe.

Parteien habenEU-Beitritt im Visier

Mit fast 35 Prozent hat Mazedonien dafür auch eine der höchsten Arbeitslosenraten in Europa, und den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der EU konnte die konservative Regierung bisher auch nicht erreichen. Trotzdem behaupten die Konservativen, dass auf dem Weg Richtung EU viel geschehen sei.

Als Beispiel führen sie die Einführung von Pässen mit biometrischen Daten im April des Vorjahres an. Außerdem habe die Regierung mit der EU-Kommission einen Vertrag über die Rücknahme von Mazedoniern geschlossen, die sich illegal in der EU aufhalten. In einigen Monaten würden alle Grenzübergänge vernetzt und integriert und damit alle technischen Voraussetzungen für die Visa-Freiheit erfüllt sein.

Diese Argumente finden kein Gehör bei den oppositionellen Sozialdemokraten. Ihre Vorsitzende, Radmila Sekerinska, erreichte als Europaministerin, dass die EU 2005 Mazedonien den Status eines Beitrittskandidaten verlieh. Sekerinska verspricht, binnen sechs Monaten ein Datum für Beitrittsgespräche zu erkämpfen. Zusammen mit kleineren Parteien treten die Sozialdemokraten als "Koalition für Europa" auf. Ministerpräsident Nikola Gruevski wirft Sekerinska hingegen vor, Mazedonien in die Isolation zu führen und neuerlich bereit zu sein, jede Chance auf eine euroatlantische Integration zu verspielen.

Leichte Besserung der wirtschaftlichen Lage

Die Sozialdemokraten beschuldigen Gruevski des Populismus; als ein Beispiel dient die Umbenennung des Flughafens von Skopje in Flughafen Alexander der Große; Griechenland sieht darin eine Provokation, gilt doch Alexander als unantastbarer griechischer Heroe.

So richtig diese Darstellung ist, so verfängt sie offenbar nicht bei den mazedonischen Wählern - jedenfalls, wenn die Umfragen stimmen sollten, denn die Zahl der Unentschlossenen ist noch sehr hoch. Die Prognosen sagen einhellig einen Sieg der Konservativen voraus; sie profitieren von einer leichten Besserung der wirtschaftlichen Lage.

Obwohl die Inflation in den letzten Monaten mit zehn Prozent zweistellig ausfiel (für 2008 prognostiziert sind sechs Prozent), stiegen auch die Durchschnittslöhne im Jahresabstand um zehn Prozent und liegen in Mazedonien nun bei 250 Euro. Der allfällige Sieg der Konservativen könnte ein Ergebnis der mangelnden Ausstrahlung von Sekerinska und des kaum griffigen Wahlkampfes der Sozialdemokraten sein.

Blutige Machtkämpfe zwischen Albanern

Bei der albanischen Volksgruppe sehen die Umfragen die oppositionelle Partei DUI neuerlich vor der mitregierenden DPA. Beide Parteien fordern eine finanzielle Unterstützung für die ehemaligen Freischärler des Aufstandes von vor sieben Jahren und für deren Familien und Hinterbliebene. Verlangt wird außerdem die rasche Anerkennung des Kosovo.

Einziger programmatischer Unterschied ist, dass die DUI eine gesetzliche Regelung verlangt, wonach die mazedonische Regierungspartei automatisch mit der stärksten Albaner-Partei koalieren muss; außerdem fordert sie eine Einbindung der Albaner in die Verhandlungen über den Namensstreit mit Griechenland.

Bei den Albanern geht es somit vor allem um die Macht, und dieser Kampf wurde auch wieder mit gewaltsamen Mitteln geführt. So wurde der Wagen des DUI-Chefs beschossen, es gab Attentate auf Büros der beiden albanischen Parteien. In einer Schlägerei zwischen Parteianhängern wurde ein DPA-Aktivist sogar getötet.

270 internationale Beobachter werden daher die Wahl überwachen. Die EU forderte daher wie bereits vor zwei Jahren friedliche und faire Wahlen; sie seien eine Voraussetzung für Beitrittsgespräche, die jedenfalls bisher nicht in Sicht sind.