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Wahl in Pakistan wird verschoben

Von Agnes Tandler

Politik

Neuer Wahltermin wird heute, Mittwoch bekannt gegeben. | Nawaz Sharif widerruft Wahlboykott. | Lahore. In Pakistan gibt es im Moment nur zwei Themen: Wie genau Oppositionsführerin Benazir Bhutto ums Leben kam und wann die Parlamentswahlen stattfinden sollen. Bei beiden Fragen geht es hoch her.


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Die Wahlkommission von Pakistan gab sich am Dienstag sehr bedächtig. Eigentlich hätte sie schon am Neujahrstag bekannt geben sollen, ob der geplante Wahltermin am 8. Januar aufrecht bleibt. Doch die Entscheidung wurde auf den heutigen Mittwoch vertagt, weil man noch die Parteien konsultieren wollte, wie es offiziell hieß.

Die Opposition ist vehement gegen eine Verschiebung. Bhuttos Volkspartei PPP will den tiefen Schock über die Ermordung ihrer Chefin in Stimmen ummünzen. "Wenn Irak und Afghanistan trotz Kriegen Wahlen abhalten können, warum nicht Pakistan", fragte Bhuttos Ehemann und Defacto-Vorsitzender der PPP, Asif Zardari, plakativ. Und auch der Chef der oppositionellen Muslim-Liga-N, Nawaz Sharif, ist bereit für den Urnengang, nachdem er zuvor die Wahlen boykottieren wollte. "Wir sollten die PPP und die Provinz Sindh (aus der die Familie Bhutto stammt, Anm.) in dieser kritischen Phase nicht alleine lassen", erklärte er. Die Regierungspartei, MLP-Q, so prophezeite Sharif siegessicher, werde nicht einmal zehn Parlamentssitze erhalten.

Musharraf spielt auf Zeit

Doch die Regierung in Islamabad spielt auf Zeit. Die Wahl könnte um Wochen verschoben werden, hieß es aus offiziellen Kreisen. Weil bei den Unruhen nach dem tödlichen Anschlag auf Bhutto am vergangenen Donnerstag auch Wahlunterlagen vernichtet wurden, könne es zehn bis zwölf Wochen dauern, bis die Vorbereitungen abgeschlossen seien. Auch müssten neue Wahlhelfer gefunden werden. Ein Termin im März sei daher wahrscheinlich. Präsident Pervez Musharraf hat angekündigt, sich am Mittwochabend in einer Fernsehansprache an die Nation zu wenden, vielleicht wird er dabei ein genaues Datum nennen.

Inzwischen hat sich die Situation im Land beruhigt, viele Geschäfte und Büros sind wieder geöffnet, das Leben normalisiert sich langsam. Mindestens 47 Menschen wurden bei den Ausschreitungen der letzten Tage getötet. Der Schrecken sitzt tief.

Und es wird weiter darüber gestritten, wie Bhutto ums Leben kam. Fernsehsender veröffentlichten Videoaufnahmen von Szenen kurz vor der Tat, die darauf hinweisen, dass sie erschossen wurde. Doch die Regierung, die eine neuerliche Obduktion der Leiche ablehnt, hält an ihrer Version fest, wonach die Politikerin eine tödliche Kopfverletzung erlitt, als sie in ihrem Wagen Deckung vor einer Bombenexplosion suchte. Ihr Schädel sei am Sonnenverdeck ihres Fahrzeuges aufgeprallt, erklärte das Innenministerium. Doch die Gerichtsmediziner im Krankenhaus von Rawalpindi, wo Bhutto nach dem Attentat behandelt wurde, können dies nicht bestätigen. In SMS, die in Pakistan kursieren, wird schon gewitzelt: "Vorsicht vor Autoverdecks von Landcruisern. Sie können töten, zumindest in Pakistan." Laut PPP wollte Bhutto am Tag ihrer Ermordung Beweise über ein Wahlfälschungskomplott des Geheimdienstes ISI und der Wahlkommission vorlegen.