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Die Tage von Rumäniens Premier Calin Popescu Tariceanu scheinen gezählt: Bei der Parlamentswahl musste der Regierungschef eine herbe Niederlage einstecken, seine Nationalliberale Partei (PNL) kam nach den vorläufigen Wahlergebnissen nur auf 18 Prozent der Stimmen. Damit hat Tariceanu wohl nicht nur den Premiersposten verloren, sondern wird sich laut Beobachtern auch nur schwer an der Spitze der PNL halten können. | Der reserviert und spröde wirkende Tariceanu hatte immer schon gewisse Probleme, mit dem Wahlvolk auf Tuchfühlung zu gehen. Und bei dem jetzigen Urnengang hatte er auch noch mit der Finanzkrise zu kämpfen.
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In den Fernsehnachrichten folgte eine Horrormeldung auf die nächste, ständig sah man entlassene Fabriksarbeiter vor verschlossenen Toren stehen. Seit Anfang Oktober haben etwa 50.000 Rumänen ihren Job verloren.
Zwar schnürte die Regierung noch kurz vor dem Urnengang ein milliardenschweres Konjunkturpaket, doch wurde ihr anscheinend nicht zugetraut, die Krise zu bewältigen.
Zudem lockten die Sozialdemokraten (PSD) und die konservative Liberal-Demokratische Partei (PD-L) mit großen Versprechen: Die Lehrergehälter sollen um 50 Prozent steigen, und auch für andere öffentlich Bedienstete wurde eine bessere Bezahlung in Aussicht gestellt. Tariceanu hatte sich gegen diese Pläne gewehrt und bezeichnete sie wegen der internationalen Finanzkrise als wirtschaftlich unverantwortlich.
Ihre Ankündigungen brachten der PSD und der PD-L den Erfolg: Nach der Auszählung von 99 Prozent der Stimmen lagen beide Parteien bei etwa 33 Prozent. Die PSD, die in einem Bündnis mit einer Kleinpartei zur Wahl angetreten war, hatte dabei einen knappen Vorsprung und lag auf dem ersten Platz.
Damit wird zumindest einer dieser beiden großen Blöcke - die theoretische Möglichkeit einer Minderheitsregierung einmal außer Acht gelassen - dem nächsten Kabinett angehören. Und dieses steht aufgrund der großen Versprechen vor einem Dilemma: Entweder die künftige Regierung erhöht wie angekündigt die Gehälter der öffentlich Bediensteten und bringt sich damit laut Analysten mitten in der internationalen Finanzkrise in Budgetnot. Oder sie bricht ihr Versprechen und treibt damit die Gewerkschaften, die schon vor der Wahl demonstriert hatten, wieder auf die Straße.
Viele Rumänen glauben den Versprechen der Politik aber ohnehin nicht mehr: Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 40 Prozent und war die niedrigste seit 1990. Das Ansehen der Politiker ist ramponiert, wozu auch diverse Korruptionsfälle ihren Teil beigetragen haben. Der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, ist daher eine weitere Aufgabe, der sich die Volksvertreter wohl stellen sollten.